Wie werden Sie Erbe?
Erbe wird man durch den beurkundeten Willen des Verstorbenen, beispielsweise durch ein Testament oder einen Erbvertrag bzw. durch gesetzliche Anordnung. Dabei hat der letzte Wille des Erblassers Vorrang, wenn ein Testament in amtlicher Verwahrung oder ein Erbvertrag beim Notar hinterlegt wurde.
Ist das nicht der Fall, erben Sie automatisch aufgrund einer gesetzlichen Anordnung (§§ 1922, 1942 BGB). Das geschieht ohne amtliche oder gerichtliche Information. Sie werden dazu also nicht angeschrieben.
Wichtig: Mit dem Tod des Erblassers beginnt auch regelmäßig die Frist für die Erbausschlagung (§ 1944 BGB). Diese beträgt für gewöhnlich 6 Wochen. Hatte der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz im Ausland oder waren Sie zum Todeszeitpunkt selbst im Ausland, verlängert sich die Frist auf 6 Monate.
Vorsicht Haftung!
Eine Erbschaft kann immer nur ganz oder gar nicht angenommen werden. Daher erfordert die Entscheidung darüber ein sorgfältiges Abwägen des Für und Wider. Was viele Erben dabei nicht berücksichtigen, ist die Frage der Haftung. Ob Schulden des Erblassers oder des Erbfalls — reicht das vererbte Vermögen nicht zur Begleichung aus, kommen Sie als Erbe mit Ihrem Privatvermögen dafür auf:
- Nachlassvermögen übersteigt die Schulden
Wenn das Vermögen größer ist als die Schulden, können Sie das Erbe ohne zu zögern annehmen, es sei denn, Sie befinden sich in Insolvenz. Dann ist es ratsam, sich anwaltlich beraten zu lassen und ggf. den Nachlass abzulehnen.
- Schulden übersteigen das Nachlassvermögen
Ist absehbar, dass das Erbe nicht ausreicht, um alle Verbindlichkeiten zu begleichen, sollten Sie aus wirtschaftlichen Erwägungen das Erbe ablehnen (§§ 1942 ff BGB).
- Nachlass ist unübersichtlich
Schwierig ist die Entscheidung, wenn noch nicht absehbar ist, wie hoch das Vermögen ausfällt. Stellt sich erst nach dem Antreten des Erbes die Überschuldung heraus, sollten Sie vorher an eine Haftungsbeschränkung gedacht haben. So brauchen Sie den Nachlass nicht auszuschlagen und sichern dennoch Ihr Privatvermögen.
Dafür gibt es drei Varianten, die wir Ihnen in einem weiteren Artikel erläutern:
- Nachlassinsolvenzverfahrens
- Dürftigkeitseinrede
- Nachlassverwaltung
Wie erfolgt die Erbausschlagung?
Sie können das Erbe innerhalb der sechswöchigen Frist ab dem Zeitpunkt, an dem Sie vom Tod des Erblassers erfahren haben, ablehnen. Mit der fristgerechten Ausschlagung fallen für Sie gemäß § 1968 BGB auch keine Beerdigungskosten an.
Beachten sollten Sie jedoch:
- Um das Erbe abzulehnen, brauchen Sie keineGründe anzugeben. Allerdings müssen Sie die Ablehnung schriftlich erklären. Denn der Nachlass gilt als von Ihnen angenommen, wenn Sie die Frist stillschweigend verstreichen lassen (§ 1943 BGB).
- Selbst wenn Sie sich nicht ausdrücklich dazu äußern, aber mit Entrümpelungs- oder Sanierungsarbeiten beginnen bzw. Erbstücke an sich nehmen, fällt Ihnen das Erbe ohne weitere Willenserklärung zu.
- Dieselben Rückschlüsse werden auch aus der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Beerdigungskosten gezogen.
Wichtig: Solche Aktivitäten gelten als schlüssiges oder konkludentes Verhalten, durch das Sie sich offenbar mit dem Nachlasseinverstanden erklären. Das bedeutet im Klartext: In allen genannten Situationen werden Sie Erbe des Nachlasses, auch wenn Sie das nicht beabsichtigt haben.
Vergessen Sie die Erklärung beim Nachlassgericht nicht!
Um die Erbschaft auszuschlagen, müssen Sie eine Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht (Amtsgericht) abgeben. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte. Alternativ können Sie auch zu dem Gericht gehen, in dessen Bezirk Sie Ihren Wohnsitz haben. In jedem Fall müssen Sie persönlich erscheinen (§ 1945 BGB). Brief, Fax oder E-Mail sind nicht ausreichend.
Alternativ können Sie das Erbe mithilfe eines Notars ablehnen und ersparen sich damit den Gang zum Gericht. Dann müssen Sie allerdings sicherstellen, dass die beglaubigte Erklärung innerhalb der Frist beim Nachlassgericht eingeht.
Was passiert mit dem Pflichtteil?
Nach der fristgerechten und korrekten Ablehnung der Erbschaft haben Sie keinen Anspruch mehr auf den Pflichtteil oder einzelne Erinnerungsstücke. Wenn Sie sich bereits am Nachlass bedient haben, müssen Sie die entwendeten Stücke zurückgeben.
Der abgelehnte Nachlass geht an die übrigen Erben. Sind dies Ihre minderjährigen Kinder, müssen Sie als deren gesetzlicher Vertreter die Erbschaft in ihrem Namen nochmals ausschlagen. Entscheidet sich jeder Erbberechtigte gegen die Annahme, erbt der Staat zwar das Vermögen, jedoch nicht die Schulden.
Kann das Erbe nach Ausschlagung noch angenommen werden?
Sie haben das Erbe gegenüber dem Nachlassgericht abgelehnt oder die Frist dafür stillschweigend verstreichen lassen und wollen es nun doch annehmen? Das ist nicht mehr möglich, denn sowohl die Annahme als auch die Ausschlagung einer Erbschaft sind grundsätzlich unwiderruflich. Nur in seltenen Ausnahmefällen kann die Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht angefochten werden (§§ 1454 ff. BGB).
Sie stehen vor der Entscheidung für oder gegen die Annahme einer Erbschaft? Sprechen Sie uns an. Unsere Anwälte für Erbrecht beraten Sie individuell und diskret.