Was bedeutet Mobbing?
Eine einheitliche Definition von Mobbing gibt es nicht. Der Begriff kommt vom englischen „to mob“, was „attackieren“ oder „angreifen“ bedeutet. Mobbing ist allerdings keine simple Meinungsverschiedenheit oder Auseinandersetzung, sondern bezeichnet einen systematischen Prozess, der krank machen kann.
Wer über einen längeren Zeitraum angefeindet, gedemütigt, eingeschüchtert, bedroht, beleidigt, diskriminiert oder genötigt wird, leidet u. U. unter Mobbing. In schweren Fällen schrecken Mobbingtäter auch nicht vor sexuellen Übergriffen und Gewalt zurück.
Ein solches Verhalten kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen, urteilte das LAG Schleswig-Holstein im Fall einer Bäckereiverkäuferin (21.10.2009, Az.: 3 Sa 224/09). Die Mitarbeiterin hatte der Auszubildenden gedroht: „Wer mich beim Chef anmachen will, den mache ich platt". Da die Verkäuferin bereits mehrfach unangenehm aufgefallen war, kündigte der Arbeitgeber ihr fristlos. Das LAG entschied, dass eine fristlose Kündigung eine geeignete Maßnahme sein könne, um ein geordnetes Zusammenleben im Betrieb sicherzustellen.
Mobbingopfer und Mobbingtäter
Untersuchungen zeigen: Mobbing kann grundsätzlich jeden treffen. Dabei findet das klassische Mobbing meist unter Gleichgestellten statt. Die Angriffe und Erniedrigungen können jedoch auch vom Vorgesetzten ausgehen, was als „Bossing“ bekannt ist. Mobbingaktivitäten von Untergebenen gegen ihre Vorgesetzten werden als „Staffing“ bezeichnet.
Mobber können grundsätzlich alle Personen im Umfeld des Betroffenen sein, d. h. Kollegen, Chefs oder andere Personen, die einzeln oder als Gruppe handeln. Vorgesetzte sind häufig auch indirekt involviert, indem sie eine Abteilungs- und Unternehmenskultur schaffen, die Mobbing begünstigt.
Die vier typischen Mobbingphasen
1. Konflikte
Ein offener und ungelöster Konflikt ist noch kein Mobbing. Eskaliert der Konflikt jedoch und artet in andauernde Schuldzuweisungen und persönliche Angriffe aus, kann sich daraus Mobbing entwickeln.
2. Ausgrenzung
Nach ca. einem halben Jahr gerät die betroffene Person immer stärker in den Strudel systematischer Schikanen. Am Arbeitsplatz, Kunden gegenüber oder im sozialen Netz wird sie erniedrigt und zunehmend ausgegrenzt. Die Hemmschwelle der Mobber nimmt ab, das Selbstbewusstsein der angegriffenen Person auch.
3. Eskalation
Zunehmende Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit macht sich bei dem Opfer breit. Aufgrund der andauernden Angriffe und Demütigungen leidet die Leistung am Arbeitsplatz. In den nächsten max. zwei Jahren dieser Phase schleichen sich immer mehr Fehler oder versäumte Termine ein. Der Arbeitgeber ermahnt die gemobbte Person und droht ihr bei andauernder Schlechtleistung arbeitsrechtliche Konsequenzen an.
4. Arbeitsplatzverlust
Verstärkt leiden Mobbingopfer in dieser Phase unter psychosomatischen Erkrankungen oder Suizidgedanken. Sie kündigen ihr Arbeitsverhältnis oft selbst, um der Situation zu entkommen, unabhängig von den Konsequenzen wie der Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Kommt die Initiative nicht vom Beschäftigten, können Arbeitgeber aufgrund Schlechtleistung kündigen oder einen Auflösungsvertrag anbieten. Nicht selten folgt aus den zur Gewohnheit gewordenen Schikanen die dauerhafte Arbeitsunfähigkeit.
Ihre Rechte beim Mobbing
Das vorherrschende Gefühl der Mobbingopfer ist Hilflosigkeit. Tatsächlich haben sie jedoch Rechte gegenüber den Tätern und dem Arbeitgeber:
Beschwerderecht
Arbeitnehmer haben das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Unternehmens zu beschweren, wenn sie sich in ihrem Arbeitsverhältnis gemobbt fühlen. Die Beschwerde sollte schriftlich erfolgen und die einzelnen Mobbingsituationen möglichst genau wiedergeben.
Maßnahmen im Unternehmen
Der betroffene Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass geeignete organisatorische oder arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen Mobbingattacken ergriffen werden. Welche Maßnahmen das sind, entscheidet der Arbeitgeber.
Leistungsverweigerung
Falls es dem Betroffenen aufgrund des Mobbings nicht mehr möglich ist, seine Arbeit zu erledigen, hat er ein Leistungsverweigerungsrecht bei vollem Gehalt. Das gilt jedoch nur, wenn der Arbeitgeber keine ausreichenden Maßnahmen getroffen hat, obwohl er über die Mobbingattacken informiert war. Wichtig: Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Voraussetzungen für die Leistungsverweigerung nicht vorlagen, kann dies zur fristlosen Kündigung führen.
Schadensersatz
Hat der Arbeitgeber nachweislich keine ausreichenden Maßnahmen unternommen, steht dem Mobbingopfer Schadensersatz zu, z. B. wegen Verletzung der Fürsorgepflicht. Abgegolten werden können u. a. Arztkosten, Bewerbungskosten oder die Differenz zwischen Gehalt und Krankengeld.
Ein Arbeitgeber haftet beispielsweise für das Verhalten des Personalleiters, wenn er einen Arbeitnehmer in extrem vulgärer Weise beschimpft. Kündigt dieser daraufhin, steht ihm gemäß § 628 II BGB eine angemessene Abfindung zu (Hessisches LAG 07.11.2006, Az.: 7 Sa 520/05).
Widerruf/Unterlassung
Betroffene haben das Recht, sich gegen beleidigende und erniedrigende Mobbingaktivitäten außergerichtlich oder gerichtlich zu wehren. Sie können vom Täter zum Beispiel einen Widerruf und/oder eine strafbewehrte Unterlassungserklärung verlangen.
Eine Unterlassungs- und Widerrufsklage kommt infrage, wenn der Mobber nicht darauf eingeht.
Strafanzeige
Bei Körperverletzung, sexueller Belästigung oder Beleidigung können Mobbingopfer mit Strafanzeigen reagieren.
Lassen Sie sich als Mobbingopfer unterstützen
Mobbing bedeutet Psychoterror und Zerstörung des Selbstwertgefühls. Viele Arbeitgeber sind sich der Mobbingaktivitäten in ihrem Unternehmen nicht bewusst. In jedem Fall sollten Betroffene nicht abwarten, bis sich die Situation von selbst bessert. Holen Sie sich so schnell wie möglich Unterstützung. Sie sollten jedoch stets mit Gegenwehr durch die Mobber rechnen, beispielsweise durch Anzeigen wegen Verleumdung oder übler Nachrede. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht hilft Ihnen, sich gegen die Angriffe zu wehren und Ihren Arbeitgeber in die Pflicht zu nehmen.