Der Mythos um die Abfindung
Wenn ein Arbeitgeber sich von einem Beschäftigten trennen will, kann die Kündigung mit einer Abfindung verbunden sein. Diese einmalige Zahlung ist nicht zu verwechseln mit einer Sonderzahlung, die aufgrund tariflicher oder gesetzlicher Regelungen erfolgt, beispielsweise als 13. Monatsgehalt. Dennoch umgibt die Abfindung der Mythos, dass der Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet sei. Das ist falsch. Es handelt sich um eine freiwillige und nicht durch den Gesetzgeber angewiesene Leistung, die meist im Rahmen eines Aufhebungsvertrages oder eines gerichtlichen Vergleichs vereinbart wird.
Und ein weiterer Mythos hält sich hartnäckig, nämlich dass Abfindungen steuerfrei bleiben. Richtig ist, dass Abfindungszahlungen grundsätzlich voll zu versteuern sind, auch wenn sie mit der sogenannten „Fünftelregelung“ privilegiert besteuert werden.
Abfindung bei Eigenkündigung oder neuem Arbeitgeber
Der Hauptgrund für die Zahlung einer Abfindung ist, dass der Arbeitgeber eine Kündigungsschutzklage verhindern will. Dieser Grund entfällt bei Eigenkündigung des Mitarbeiters. Eine Abfindungsvereinbarung erfolgt in diesem Fall nur, wenn sich der Arbeitgeber einen anderen Vorteil davon verspricht. Das kann beispielsweise die Abgeltung eines Wettbewerbsverbots sein.
Übrigens: Wenn Sie bereits eine neue Arbeitsstelle angetreten haben, können Sie mit Ihrem bisherigen Arbeitgeber dennoch eine Abfindung vereinbaren. Allerdings kann der bereits vollzogene Arbeitgeberwechsel einen Verhandlungsnachteil darstellen. Daher ist es ratsam, bis zum Abschluss der Verhandlungen nicht darüber zu informieren.
Typische Konstellationen für Abfindungsvereinbarungen
Betriebliche Übung
Auch beim Thema Abfindung gibt es Ausnahmen, in denen ein Rechtsanspruch besteht. Dazu bedarf es einer Abfindungsregelung im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag, in einem Sozialplan oder einer Betriebsvereinbarung. Darüber hinaus kann sich der Anspruch auch aus einer sogenannten betrieblichen Übung geben. Diese entsteht, wenn eine Leistung regelmäßig erfolgt.
Zahlt der Arbeitgeber im Rahmen einer Gesamtzusage an mehrere Arbeitnehmer ohne Freiwilligkeitsvorbehalt eine Abfindung, kann dies eine Rechtspflicht für zukünftig ausscheidende Mitarbeiter begründen. Entscheidend ist dabei, dass es nicht nur einzelne Zusagen gibt, sondern ein Prinzip im Handeln des Arbeitgebers feststellbar ist.
Kündigungsschutzklage
Können sich die Beteiligten nicht einigen, erhebt der betroffene Arbeitnehmer in der Regel Kündigungsschutzklage. Sofern er mindestens 6 Monate einem Betrieb angehört, in dem regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt werden, ist das Kündigungsschutzrecht anwendbar. Für den Arbeitgeber besteht damit das Risiko, dass das Verfahren langwierig und kostspielig wird.
Daher münden Kündigungsschutzklagen oft in einem freiwilligen Vergleich und der Zahlung einer Abfindung. Diese einvernehmliche Regelung bietet für die Beteiligten gleich mehrere Vorteile: Der Kündigungsschutzprozess endet vorzeitig und der Arbeitnehmer wird für den Ausstieg aus einem Unternehmen belohnt, das kein Interesse mehr an seiner Mitarbeit hat.
Selbst wenn die Kündigungsschutzklage mit einem Urteilsspruch zugunsten des Arbeitnehmers beendet wird, bietet sich eine Abfindung als Schlusspunkt an. Stellen die Richter fest, dass ein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht wirksam aufgelöst wurde, ist eine Weiterbeschäftigung dennoch oft unzumutbar. Dann kann das Arbeitsgericht auf Antrag des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers die Zahlung einer Abfindung anweisen (§ 9 KSchG). Diese beträgt bis zu 18 Monatsgehältern.
Das Kriterium der „Unzumutbarkeit der Zusammenarbeit“ wird allerdings streng geprüft. Bei Diskriminierung eines Arbeitnehmers aufgrund seiner Herkunft kann beispielsweise von einem dauerhaft zerrütteten Betriebsklima ausgegangen werden (LAG Hamm, 27.5.1983 AuR 1993 S. 415).
Betriebsbedingte Kündigung
Genießt der Arbeitnehmer Kündigungsschutz (d. h. mindestens 6 Monate in einem Unternehmen mit mehr als 10 ständigen Mitarbeitern), kann der Arbeitgeber bereits im Kündigungsschreiben auf die Abfindung hinwirken. So kann er einen imageschädigenden und kostenintensiven Arbeitsgerichtsprozess womöglich vermeiden. Dazu stellt der Arbeitgeber in der Kündigung fest, dass diese betriebsbedingt erfolgt. Diese Feststellung verbindet er mit der Information, dass ein Anspruch auf Abfindung besteht, sofern die Kündigungsfrist ohne Klageerhebung abläuft (§ 1 a KSchG).
Wichtig: Wenn der Betrieb weniger als 10 regelmäßige Beschäftigte hat, ist diese Möglichkeit nach § 23 KSchG nicht anwendbar.
Sozialplan
Wenn in einem Betrieb mit mehr als 20 Arbeitnehmern eine gesetzlich vorgeschriebene Anzahl an Stellen gestrichen werden soll, ist zum Ausgleich ein Sozialplan zu erstellen (§§ 111 ff. BetrVG). Dieser wird nicht von den betroffenen Mitarbeitern ausgehandelt, sondern vom Betriebsrat. Im Sozialplan wird häufig auch eine Abfindungsregelung vereinbart.
Kann ein Unternehmen in Insolvenz eine Abfindung zahlen?
Wenn über das Unternehmen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, kommt es hinsichtlich einer Abfindung darauf an, ob und wann diese vereinbart wurde:
- Haben Sie den Abfindungsanspruch nach der Insolvenzeröffnung ausgehandelt, besteht für den eingesetzten Insolvenzverwalter grundsätzlich die Verpflichtung, den Betrag auszuzahlen.
- Bei einer Abfindung, die Ihnen bereits vor der Insolvenz zugesichert wurde, verhält es sich nicht so einfach. Ihr Abfindungsanspruch findet sich dann in der Liste aller Insolvenzforderungen wieder, die aus der Insolvenzmasse befriedigt werden müssen.