Was versteht man unter einer Abmahnung im Arbeitsrecht?
Mit einer Abmahnung (§ 314 Abs. 2 BGB) verwarnt der Arbeitgeber einen Mitarbeiter, wenn dessen Verhalten aus seiner Sicht nicht akzeptabel ist. Für den Wiederholungsfall droht der Arbeitgeber arbeitsrechtliche Konsequenzen an.
Wird die Abmahnung rechtswirksam erteilt, kann sie dem Arbeitgeber den Weg zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses ebnen. Das Bundesarbeitsgericht fordert vor Aussprache einer verhaltensbedingten Kündigung jedoch mindestens eine Abmahnung. Sie soll den Arbeitnehmer dazu bewegen, das Fehlverhalten zu ändern.
Wichtig: Fehlt in der Abmahnung die Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, handelt es sich lediglich um eine Ermahnung. Diese lässt keine spätere Kündigung zu.
Zulässige Gründe für eine Abmahnung
Als Verstoß gegen die arbeitsrechtlichen Pflichten gelten beispielsweise diese Gründe:
- unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz
- wiederholtes Zuspätkommen
- unrechtmäßige Arbeitsverweigerung
- Beleidigungen gegenüber Vorgesetzten, Kollegen oder Dritten (z. B. Kunden)
- Nichtbeachtung von Arbeitsanweisungen
- Fehlende oder verspätete Abgabe einer Krankmeldung
- Diebstahl oder Betrug (auch Arbeitszeitbetrug)
- Konsumieren von Suchtmitteln am Arbeitsplatz wie Alkohol oder Drogen
- Körperverletzung
Durch wen und wann erfolgt eine Abmahnung?
Die Abmahnung darf von jeder Person ausgesprochen werden, die gegenüber dem Arbeitnehmer weisungsbefugt ist (z. B. Fachvorgesetzte, HR-Verantwortliche).
Der Gesetzgeber hat keine Fristen für eine Abmahnung festgelegt, sondern macht diese vom Einzelfall abhängig. Es gilt jedoch das Prinzip der angemessenen Frist. Das bedeutet, die Abmahnung sollte zeitnah nach Kenntnis des Fehlverhaltens erfolgen. Üblich sind max. 14 Tage. Andernfalls könnte man daraus schließen, das Verhalten des Arbeitnehmers werde toleriert.
Nach Erhalt der Abmahnung muss der Mitarbeiter ausreichend Zeit bekommen, um seinen guten Willen unter Beweis zu stellen. Üblich sind mindestens 4 Wochen, bevor der Arbeitgeber bei nicht ausreichender Verhaltensänderung eine Kündigung aussprechen kann.
Form und Inhalt der Abmahnung
Bezüglich der Form haben Arbeitgeber die Wahlfreiheit. Die Abmahnung kann in Schriftform oder mündlich erfolgen. Aus Beweisgründen wird sie meistens schriftlich vorgenommen und mit Empfangsvermerk des Arbeitnehmers in der Personalakte hinterlegt.
In jedem Fall müssen diese Bausteine enthalten sein:
- Hinweisfunktion: Konkrete Beschreibung des beanstandeten Verhaltens mit Ort, Datum und Zeit.
- Rügefunktion: Der Arbeitgeber muss das Fehlverhalten genau bezeichnen und klarstellen, dass er die Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten nicht weiter duldet. Dazu gehört die Aufforderung, sich vertragskonform zu verhalten.
- Warnfunktion: Zuletzt droht der Arbeitgeber im Wiederholungsfall weitergehende Sanktionen an, um die Voraussetzungen für eine Kündigung zu schaffen.
Wann ist die Abmahnung unwirksam?
Der Gesetzgeber hat einige Hürden für den Arbeitgeber vorgesehen, bevor eine Abmahnung wirksam wird.
Einige Beispiele:
- Der Arbeitnehmer muss die arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt haben.
- Das pflichtwidrige Verhalten muss der Arbeitgeber in der Abmahnung sachlich und vollständig rügen. Allgemeine Hinweise wie „Unzuverlässigkeit“ oder „Vertrauensverlust“ führen zur Unwirksamkeit.
- Unverzichtbar ist die Aufforderung, das Verhalten zu unterlassen. Diese ist für jede einzelne der aufgeführten Pflichtverletzungen erforderlich.
- Unwirksam ist die Abmahnung auch, wenn sie gar nicht oder nicht von einer weisungsbefugten Person unterschrieben wurde.
Darf ein Arbeitgeber auch ohne Abmahnung kündigen?
Wenn das Fehlverhalten so schwerwiegend ist, dass es auch eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde, darf der Arbeitgeber auf die Abmahnung verzichten.
Solche Gründe sind z. B.:
- Gewaltandrohung gegen den Arbeitgeber
- Diebstahl oder Betrug
- Tätigkeit für die Konkurrenz
- Missbrauch von Kontrolleinrichtungen
- Eigenmächtiges Fernbleiben von der Arbeitsstelle
- Abwerbung von Kunden
Hinweis: Eine Abmahnung ist ebenfalls nicht erforderlich, wenn das Arbeitsverhältnis keine 6 Monate andauert oder es sich um einen Kleinbetrieb handelt. In diesen Fällen besteht kein allgemeiner Kündigungsschutz.
Vorgehensweise nach Erhalt einer Abmahnung
Auch Arbeitnehmer haben das Recht, innerhalb einer angemessenen Frist auf die Abmahnung zu reagieren. Wartet der Abgemahnte zulange, kann dies als Einverständnis eingestuft werden.
Es bestehen drei Möglichkeiten:
- Widerspruch
- Gegendarstellung
- Klage vor dem Arbeitsgericht
Direkt mit Klageerhebung zu reagieren, ist nicht empfehlenswert. Erfolgreicher ist es in der Regel, den Vorgesetzten um ein Gespräch zu bitten und den Sachverhalt zu klären. Zur Vorbereitung oder im Nachhinein kann eine Gegendarstellung hilfreich sein.
Widerspruch und Gegendarstellung müssen sachlich ausgeführt und mit Nachweisen und ggf. Zeugen gestützt werden. Bleibt der Arbeitgeber bei seiner Einschätzung, kann der Arbeitnehmer auf Entfernung einer unberechtigte Abmahnung aus der Personalakte klagen.
Überlassen Sie bei einer Abmahnung nichts dem Zufall
Eine Abmahnung führt zwar nicht automatisch zur Kündigung, darf jedoch nicht unbeachtet bleiben. Sofern die Vorwürfe berechtigt sind, stellen Sie als Erstes das angemahnte Fehlverhalten ab. Dennoch muss eine Abmahnung nicht wirksam ausgesprochen worden sein. Dabei spielen Formulierung, Vollständigkeit und Aufbau eine wesentliche Rolle. In jedem Fall sollten Sie den Rat unserer erfahrenen Rechtsanwälte für Arbeitsrecht suchen.
Wir prüfen, ob Ihre Abmahnung wirksam ist und verfassen eine Gegendarstellung oder einen Widerspruch. Selbstverständlich unterstützen wir Sie auch, falls Sie Klage einreichen möchten oder der Arbeitgeber Ihnen nach der Abmahnung kündigt. Nehmen Sie gerne Kontakt mit unserer Rechtsanwaltskanzlei auf. Wir beraten Sie umfassend und diskret.