Unaufgeforderter Einwurf von Print-Werbung - erlaubt oder verboten?
Hausbewohner, die keine Werbung wünschen, zeigen das beispielsweise durch Aufkleber oder Schilder an. Ignoriert ein Verteiler das Verbot, handelt es sich beim Einwurf der Werbung in den Briefkasten um eine „unzumutbare Belästigung“. Aber wie steht es mit der Zulässigkeit von Werbematerial außerhalb des Briefkastens? Das fragte sich ein Hausbewohner, der in einer Spalte seiner Briefkastenanlage zwei Werbeflyer fand. Alle Briefkästen waren mit entsprechenden Sperrvermerken versehen: „Bitte keine Werbung einwerfen“.
Der Münchner mahnte das werbende Umzugsunternehmen ab und klagte nach erfolgloser Abmahnung. Keiner der Hausbewohner wolle Werbung erhalten, was durch die Sperrvermerke an den Briefkästen auch deutlich gemacht worden sei. Um den untersagten Einwurf zu umgehen, habe das Umzugsunternehmen die Werbeflyer rücksichtslos an der Briefkastenanlage befestigt.
Auftraggeberin sieht sich nicht in der Verantwortung
Das werbende Unternehmen hielt dagegen, es habe die Hinterlegung der Flyer an der Briefkastenanlage nicht zu vertreten. Zudem sei das Mehrfamilienhaus für jedermann zugänglich, sodass auch andere Personen die Print-Werbungdort hinterlassen haben könnten. Jedenfalls seien die Verteiler angewiesen worden, Werbung nur einzuwerfen, wenn kein Sperrvermerk vorhanden sei.
AG München: Der Verbraucherwille hat Priorität
Das Amtsgericht München hatte darüber zu entscheiden, wie es zu bewerten ist, wenn das Werbematerial nicht in den Briefkasten eingeworfen, sondern stattdessen daran befestigt wird. Die Richter stellten fest, dass nach Wettbewerbs- oder Datenschutzrecht bei Print-Werbung zwar keine Einwilligung des Verbrauchers nötig sei. Gemäß § 862 BGB habe aber jeder Wohnungs- und Briefkastenbesitzer das Recht, den Einwurf von Reklame zu verbieten.
Über den Verbraucherwillen (kenntlich gemacht durch einen Sperrvermerk) dürfe sich ein werbendes Unternehmen nicht hinwegsetzen. Andernfalls läge eine rechtsverletzende Besitzstörung vor. Das gelte auch, wenn lose Werbung statt im Briefkasten an dessen Außenseite deponiert werde.
Auftraggebende Umzugsfirma ist mittelbare Störerin
Das Gericht stellte weiterhin klar, dass die Umzugsfirma als Auftraggeberin mittelbare Störerin sei. Wenn ein Unternehmen das Verteilen von Print-Medien beauftrage, sei es auch grundsätzlich verantwortlich für den ordnungsgemäßen Ablauf der Werbemaßnahme. Im vorliegenden Fall läge der eindeutige Anscheinsbeweis vor, dass die beauftragten Verteiler des Unternehmens die Flyer in die Spalte an den Briefkästen gesteckt hätten. Daran ändere auch die Anweisung nichts, die Werbung nur in Briefkästen ohne Sperrvermerk einzuwerfen. Vielmehr habe die Auftraggeberin eingehenden Beanstandungen nachzugehen und sich zu vergewissern, dass die Verteiler alle Anweisungen befolgten. Zuwiderhandlungen seien ggf. mit Vertragsstrafen zu belegen. Solche Maßnahmen habe die Beklagte allerdings wederangeführt noch nachgewiesen. Es bestehe also Wiederholungsgefahr.
Die Richter gaben der Klage des Münchners mit Urteil vom 18.03.2023 (AG München, Az.: 142 C 12408/21) statt. Das Umzugsunternehmen habe den Klägerin seinem Besitz rechtswidrig gestört. Dieser habe Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 823 Abs. 1, 863 BGB i. V. mit § 1004 BGB.