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AG Hanau: Autokäufer haben das Recht auf eine angemessene Lieferfrist

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18/11/24
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Ein Kfz-Händler hatte die Lieferfrist eines Neuwagens in den AGB und im Kaufvertrag offengehalten. Nach einem Jahr ohne Lieferung trat der Kunde vom Kaufvertrag zurück. Als Antwort darauf forderte der Händler eine Stornogebühr von über 3.000 EUR. Dagegen klagte der ehemalige Käufer vor dem AG Hanau.

Ist ein Liefertermin „vorbehaltlich einer Produktion“ zulässig?

Wer ein neues Auto sucht, hat die Qual der Wahl. Umso größer ist die Freude, wenn das passende Fahrzeug gefunden ist und bestellt werden kann. So erging es auch dem Kläger in einem Fall, den das Amtsgericht (AG) Hanau zu entscheiden hatte. Er war mit dem Fahrzeughändler über den Kauf eines Neuwagens einig geworden. Für 20.759,88 EUR sollte das noch zu produzierende Fahrzeug den Besitzer wechseln.

Aufgrund von Störungen in den Lieferketten konnte der Verkäufer allerdings keine Aussage zum Lieferzeitpunkt machen. Auf den unbestimmten Liefertermin wies er den Käufer jedoch ausdrücklich hin. Zudem hatte er den Vorbehalt in seine AGB aufgenommen:

„Aufgrund der aktuellen Liefersituation werden alle Bestellungen ohne Liefertermin und unverbindlich vorbehaltlich einer Produktion bestätigt“.

Nach erfolgloser Fristsetzung tritt der Käufer vom Kaufvertrag zurück

Rund 11 Monate nach dem Kauf wollte der Käufer nicht mehr länger warten und setzte dem Händler eine Frist zur Lieferung des Fahrzeugs. Ohne Erfolg. Auch in den darauffolgenden Monaten blieben die wiederholten Nachfragen des Käufers ergebnislos. Nachdem der Händler auch eine letzte Frist tatenlos hatte verstreichen lassen, trat der Käufer nach mittlerweile einem Jahr vom Kaufvertrag zurück.

Kfz-Händler fordert Stornogebühren

Den Rücktritt wollte der Händler nicht ohne Weiteres akzeptieren und forderte mit Verweis auf seine AGB 3.113,98 EUR an Stornogebühren. Diesen Betrag (15 Prozent des Kaufpreises) habe der Käufer bei Nichtabnahme des Fahrzeugs als pauschalierten Schadensersatz zuzahlen. Mit der Herstellung des bestellten Fahrzeugs war zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen worden.

Nach der langen Wartezeit ohne Lieferung sah der Käufer keine Veranlassung zur Überweisung der Stornogebühren. Vielmehr wollte er gerichtlich feststellen lassen, dass deren Erhebung unzulässig und die AGB-Regelung unwirksam ist. Er erhob Klage.

Dagegen wehrte sich der Kfz-Händler, da nach seiner Auffassung der Kunde nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten sei.

AG Hanau: Ein Kaufvertrag ohne Liefertermin ist unzulässig

Das Amtsgericht (AG) Hanau bewertete die unbegrenzte Lieferzeit in den AGB des Unternehmens als unangemessene Verbraucherbenachteiligung. Der Käufer könne gemäß § 271 BGB eine Leistung sofort verlangen, wenn die Lieferzeit unbestimmt ist und nicht annäherungsweise ermittelt werden kann:

„1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofortverlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.“

Die Richter stellten klar: Zwar sei nachvollziehbar, dass der Autohändler keine unkalkulierbaren Risiken durch zu kurze Lieferfristen eingehen wolle. Dem stehe jedoch das berechtigte Interesse des Käufers entgegen. Dessen Kapital werde schließlich über unbegrenzte Zeit gebunden. Daher sei eine solche Regelung gemäß § 308 BGB unzulässig.

Einjährige Lieferfrist ist angemessen

Ein allgemeines Rücktrittsrecht bei einem Autokauf besteht nicht. Nach Prüfung des konkreten Falls hielt das AG Hanau jedoch eine Lieferfrist von ca. einem Jahr bei einem Autokauf für angemessen. Da seit dem Abschluss des Kaufvertrages inzwischen 18 Monate vergangen waren, wäre eine längere Wartezeit unzumutbar.

Der Käufer sei aufgrund der ausstehenden Lieferung unabhängig von der Schuldfrage zum Rücktritt berechtigt gewesen und nicht verpflichtet, das Fahrzeug noch abzunehmen (§§ 323, 433 BGB). Infolgedessen sei auch die Forderung der Stornogebühr unberechtigt (AG Hanau, 31.1.2024, Az.:39 C 111/23).

Tipp: Käufer sollten Kaufvertrag und AGB prüfen lassen

Ein Händler bzw. Hersteller von Fahrzeugen darf keine unbefristeten Lieferzeiten angeben. Es müssen verbindliche und angemessene Fristen vereinbart werden. Im Zweifelsfall tritt die sofortige Fälligkeit ein. Wenn auch Sie als Käufer erfolglos mehrere Fristen gesetzt oder Anfragen zum Liefertermin gestellt haben, können Sie den Rücktritt erklären.

Für einen wirksamen Rücktritt muss dem Verkäufer schriftlich mitgeteilt werden, dass die Lieferung des Fahrzeugs, d. h. die Erfüllung des Kaufvertrages, nicht mehr erwünscht ist. Dann haben Sie Anspruch auf die Rückzahlung bereits geleisteter Kaufpreiszahlungen. Darüber hinaus können Sieden Ersatz Ihrer notwendigen Aufwendungen verlangen. Voraussetzung für diese Ansprüche ist, dass Sie die Rücktrittserklärung gegenüber dem Verkäufer rechtzeitig schriftlich abgeben.

Wir empfehlen Ihnen, bei Schwierigkeiten mit der Lieferung Ihres bestellten Fahrzeugs den Kaufvertrag und die zugrunde liegenden Bedingungen von uns prüfen zu lassen. Häufig erübrigt sich dann ein Rücktritt.

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