Arbeitnehmer fordert inhaltliche und formale Korrektur des Arbeitszeugnisses
Der Kläger war seit 5 Jahren als operativer Niederlassungsleiter tätig und hatte sein Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt. Der Arbeitgeber erstellte ihm ein qualifiziertes Arbeitszeugnis nach § 109 GewO, mit dem der ausscheidende Arbeitnehmer in diesen Punkten nicht einverstanden war:
- Statt der vom Arbeitgeber verwendeten Wortwahl „nachhaltig“ müsse die Formulierung zur Zielerfüllung „nachhaltig und erfolgreich“ lauten. Ohne die Ergänzung „erfolgreich“ handle es sich um eine negative Bewertung. Diese impliziere, er habe die ihm gesetzten Ziele nicht erreicht.
- Dasselbe gelte für die Formulierung, er habe "es verstanden, Aufgaben und Verantwortung zu delegieren". Hier sei zwingend zu ergänzen, dass er Aufgaben nur in angemessenem Umfang delegiert habe. Sonst sei die Bewertung geeignet, den Eindruck zu erwecken, er sei faul gewesen und habe Aufgaben in unangemessener Weise delegiert, was nicht zutreffe. Und zu guter Letzt verlangte der Arbeitnehmer, dass das korrigierte Zeugnis vollständig auf Firmenbriefpapier auszustellen sei und nicht – wie das erste erteilte Zeugnis – nur auf der ersten Seite, gefolgt von einer zweiten Seite auf neutralem Papier.
- Die Beschreibung, er habe es verstanden, „…Aufgaben und Verantwortung zu delegieren", müsse ebenfalls korrigiert werden. Sie erwecke den Eindruck, er habe als Führungskraft in unangemessenem Umfang Arbeit delegiert, anstatt sie selbst zu erledigen. Es müsse deutlich werden, dass die Aufgaben stets in angemessenem Umfang delegiert wurden.
- Die erste Seite des Arbeitszeugnisses war auf einem Firmenbriefbogen gedruckt worden, die zweite Seite auf neutralem Papier. Der Kläger forderte den Ausdruck aller Seiten auf dem firmeneigenen Briefpapier des Unternehmens.
Nach Auffassung des Arbeitgebers kein Korrekturbedarf
Der Arbeitgeber erkannte keinen Anspruch auf inhaltliche Korrektur:
- Die geforderte Formulierung „erfolgreich“ sei nicht gerechtfertigt, da der Niederlassungsleiter die ihm gesetzten Ziele in den letzten 3 Jahren überwiegend nicht erreicht habe. Unter seiner Führung habe die Leistung des Teams kontinuierlich nachgelassen. Erst unter neuer Leitung sei das Leistungsniveau wieder deutlich angehoben worden.
- Nach Auffassung des Arbeitgebers besteht ebenfalls kein Anspruch auf die Umformulierung „in angemessenem Umfang“. Der Kläger habe seine Kollegen mehrfach durch einen flapsigen Ton oder geschmacklose Äußerungen brüskiert. Freitags sei er wiederholt bereits mittags gegangen, während sein Team noch arbeitete. Zudem habe er sich stets für die beliebteren Frühschichten eingetragen und die Teammitglieder dadurch verärgert.
Niederlassungsleiter widerspricht den Vorwürfen
Der Arbeitnehmer widersprach dem Vorwurf einer seit Jahren abnehmenden Leistung. Im Rahmen der Corona-Pandemie seien die Aufträge im Jahr2020 stark zurückgegangen. Dennoch passte der Arbeitgeber die Ziele nicht an, die in dieser Phase unerreichbar gewesen seien. In den Jahren davor habe er als Niederlassungsleiter die Erwartungen stets erfüllt. Das Zwischenzeugnis und die Beförderung bestätigten die guten Ergebnisse.
Er sei außerdem nicht regelmäßig früher gegangen, sondern nur an den Freitagen, an denen es die Arbeitsbelastung erlaubte. Zudem habe er sich weder flapsig ausgedrückt, noch andere Personen mit geschmacklosen Äußerungen verärgert.
LAG Köln: Arbeitgeber muss Schlechtleistung nachweisen
Im Zwischenzeugnis vom 30.04.2019 aufgrund einer gerade erfolgten Beförderung waren dem Niederlassungsleiter sehr gute Leistungen bestätigt worden. Er sei zum „besten Vertriebsmitarbeiter“ aufgestiegen, habe ein „äußerst umfassendes und hervorragendes Fachwissen“, verfolge „die Ziele nachhaltig und mit höchstem Erfolg“ und erziele „qualitativ und quantitativ hervorragende Ergebnisse“.
Im vorliegenden Endzeugnis heißt es: „Er hat seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt und unseren Erwartungen in jeder Hinsicht gut entsprochen“. Für diese deutliche Verschlechterung der Leistungsbeurteilung gegenüber dem Zwischenzeugnis trifft den Arbeitgeber nach dem LAG eine Darlegungs- und Beweislast. Das sei auch dann der Fall, wenn die Führungskraft für die abnehmende Leistung des gesamten Teams verantwortlich sein soll.
Die Richter des LAG Köln stellten fest, dass ein Arbeitgeber nicht erreichte Ziele und Verfehlungen des Arbeitnehmers darlegen und ggf. auch beweisen muss. Das sei im Prozessverlauf nur unzureichend geschehen. Der Arbeitnehmer habe daher Anspruch auf Korrektur seines Arbeitszeugnisses mit den folgenden Formulierungen (12.09.2023, Az. 4 Sa 12/23).
- „…verfolgte die vereinbarten Ziele nachhaltig und erfolgreich“
- „... in angemessenem Umfang zu delegieren“.
Arbeitszeugnisse auch auf neutralem Papier gültig
Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass ein Arbeitszeugnis schriftlich auf Papier erfolgen muss, idealerweise auf Firmenbriefpapier. Ein Anspruch auf geschäftliches Briefpapier besteht jedoch nicht. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen (§ 109 GewO).
Das LAG Köln entschied im vorliegenden Fall, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf ein komplett auf Firmenbriefpapier gedrucktes Arbeitszeugnis habe. In seiner externen Korrespondenz verwendet der Arbeitgeber grundsätzlich nur für die erste Seite das Firmenbriefpapier und für alle weiteren neutrales Papier. Daher sei diese (nicht unübliche) Regelung auch für ein Arbeitszeugnis zu übernehmen.
Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, alle Seiten des Zeugnisses auf Firmenbriefbögen zu drucken, besteht nicht.