Gemeinsame Nachwuchsplanung entpuppt sich als einseitig
Ein Paar, Mann und Frau, lebte seit 1977 unverheiratet zusammen. Zumindest bis Ende 1980 waren sich beide Partner einig, dass sie kein Kind wollten. Um das sicherzustellen, sollte die Partnerin mithilfe der Antibabypille für Empfängnisverhütung sorgen. Entgegen der Vereinbarung wollte die Frau jedoch schwanger werden und ein Kind bekommen. Ihr Ziel war, den Partner so zur Heirat zu bewegen.
Sie setzte die „Pille“ im Dezember 1980 ab und verwendete bewusst keine anderweitigen Empfängnisverhütungsmittel. Ihren Partner informierte sie darüber nicht. Im März 1981 erfuhr er, dass sie schwanger war und trennte sich wegen des Vertrauensbruchs von ihr. Als das Kind geboren war, äußerte sich die Mutter gegenüber einer anderen Person dahingehend, sie habe den Mann „ganz schönreingelegt“.
Es kam zu einem Vaterschaftsprozess, in dem rechtskräftig festgestellt wurde, dass der ehemalige Partner der Vater des Kindes ist. Er wurde zur Zahlung des Regelunterhalts für das Kind verurteilt.
Ungewollter Vater forderte Schadensersatz
Ihr Ex-Partner wollte den Vertrauensbruch und dessen Folgen nicht ohne weiteres hinnehmen und klagte auf Schadensersatz. Das unabgestimmte Absetzen der Pille der ehemaligen Partnerin stelle ein „schadensersatzverpflichtendes vertragswidriges Verhalten dar“.
Die Richter des Amtsgerichts lehnten die Klage ab. Sie argumentierten, dass ein solcher Vertrag zwischen den Partnern gemäß § 306 BGB nichtig sei, da die Einnahme eines empfängnisverhütenden Medikaments keinen sicheren Schutz vor einer Empfängnis bieten könne.
Sein Anwalt riet dem Kläger zudem dazu, auch die Erstattung des durch ihn zu zahlenden Regelunterhalts für das Kind einzuklagen (im Sinne der Entscheidungen des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 18. März 1980BGHZ 76, 249, 259). Da dieses Unterfangen nach Ansicht des Amtsgerichts ebenfalls keine Erfolgsaussichten hatte, wurde die Klage zurückgenommen.
Dennoch forderte der Anwalt nach §§ 675, 611 BGB sein Honorar aus dem Mandatsvertrag. Dagegen wehrte sich sein Mandant mit einer Widerklage, da der Anwalt ihn falsch beraten und seine Pflichten aus dem Mandatsvertrag verletzt habe. Der ungewollte Vater forderte auch hierzu Schadensersatz.
Das Berufungsgericht führte dazu aus, dass der Vorprozess aussichtslos gewesen sei. „Ein Schadensersatzanspruch des Klägers folge nicht schon aus den Gründen der von dem Bundesgerichtshof am 18. März 1980 (BGHZ 76,249,259) entschiedenen sogenannten Sterilisationsfälle. Diese Entscheidungen enthielten keine Anhaltspunkte, die es erlaubten, die dort dargestellten Grundsätze auch in den Fällen anzuwenden, in denen eine von den Partnern geplante Empfängnisverhütung missglückt sei“.
BGH: Widerklage des Mandanten ist erfolgreich, Schadensersatzklage gegen die Frau nicht
Bezüglich der Widerklage des Mandanten gegen seinen Anwalt bestätigten die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) die Entscheidungen der Vorinstanzen und gaben der Klage statt (17.04.1986 Az. IX ZR 200/85). Der Anwalt habe seine Pflichten gegenüber seinem Mandanten schuldhaft verletzt, da er nicht auf das besondere Risiko zur Durchführung des Vorprozesses hingewiesen hatte. Es habe keine Aussicht bestanden, Schadensersatz zugesprochen zu bekommen.
Zur ungewollten Vaterschaft stellte der BGH fest, dass keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen die Frau bestünden. Die Vereinbarung zwischen zwei Partnern über die Empfängnisverhütung berühre den engsten persönlichen Freiheitsbereich. Es bestehe keine Rechtsbindung der Partner hinsichtlich des Einsatzes von Verhütungsmitteln. Zudem wäre ein solches Rechtsgeschäft nach § 306 BGB oder nach § 138 BGB nichtig. Die Entscheidung über Empfängnisverhütung sei Teil der Selbstbestimmung, selbst wenn ein Partner seine Entscheidung dem anderen nicht mitteilt.
Auch deliktische Ansprüche, also ein Schadensersatzanspruch, der aufgrund einer unerlaubten Handlung entstanden ist, scheiden nach Auffassung der Richter aus (§§823 ff. BGB).