Erbengemeinschaft und Erbquote
Eine Erbengemeinschaft entpuppt sich häufig erst auf den zweiten Blick als schwieriges Konstrukt. Denn jedem der Miterben steht zwar ein bestimmter Erbteil (Erbquote) am gemeinschaftlichen Vermögen zu. Allerdings kann keiner der Miterben allein über den Nachlass entscheiden, auch nicht über einzelne Gegenstände. Die Gemeinschaft kann zunächst nur gemeinsam handeln und muss das Erbe auch gemeinsam verwalten (§ 2038 BGB).
Tipp: Die Erbengemeinschaft haftet für sämtliche Verbindlichkeiten des Erblassers. Es empfiehlt sich daher, die Haftung zu begrenzen.
Vorsicht: Teilungsversteigerung
Der Zweck einer Erbengemeinschaft ist die sogenannte „Auseinandersetzung“, d. h. die Verteilung des Erbvermögens unter den Miterben mit nachfolgender Auflösung der Gemeinschaft (§ 2042 BGB). Wenn sich die Beteiligten nicht über die Erbverteilung einigen können, sehen sie oft nur die Teilungsversteigerung als letzte Möglichkeit. Allerdings kann die Liquidierung des Nachlasses nicht auf einzelne Sachwerte begrenzt werden, sondern umfasst stets die komplette Erbschaft. Dabei ist unbedingt auch die steuerliche Seite zu beachten. Besser ist es, bei Streitigkeiten einen Anwalt für Erbrecht heranzuziehen, der Lösungen für alle Miterben anstrebt.
Ausnahme: Vermächtnis
Wenn der Erblasser im Testament festgelegt hat, dass ein Miterbe ein „Vermächtnis“ (d. h. einen bestimmten Gegenstand oder Geldbetrag) erhalten soll, besteht schon vor Erbteilung ein Anspruch darauf. Der entsprechende Gegenstand oder Gegenwert ist dem Miterben noch vor der Auseinandersetzung zu übergeben und mindert den Wert des Nachlasses.
Kann ein Miterbe die Erbschaft ausschlagen oder den Erbteil verkaufen?
Wenn Sie Miterbe sind, haben Sie kein Recht, sich gegen die Bildung einer Eigentümergemeinschaft zu wehren. Sie können sich jedoch gegen die Erbschaft entscheiden. Ihre Ausschlagung müssen Sie innerhalb von 6 Wochen nach Kenntnis des Erbfalls persönlich gegenüber dem Nachlassgericht erklären. Die Frist verlängert sich auf 6 Monate, wenn der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte. Ihr Erbteil geht vollständig an die Erbengemeinschaft.
Wer die Erbschaft ablehnt, verliert jeden Anspruch darauf, auch auf den Pflichtteil. Ausnahme: Wenn ein pflichtteilsberechtigter Angehöriger als Erbe eingesetzt wurde, dieser jedoch aufgrund von Auflagen des Verstorbenen ablehnt, bleibt der Anspruch auf den Pflichtteil erhalten (§ 2306 BGB). Der Pflichtteilsberechtigte haftet gegenüber Dritten weiterhin für die Verbindlichkeiten des Verstorbenen bzw. des Erbfalls.
Alternativen zur Ausschlagung
Wurde ein Erbteil angenommen, bestehen folgende Möglichkeiten:
- Verkaufen: Steht ein Erbteil zum Verkauf, haben die Miterben ein Vorkaufsrecht, auch wenn es bereits Interessenten außerhalb der Erbengemeinschaft gibt. Der Kaufvertrag muss notariell beurkundet werden.
- Abfinden lassen: Damit der Erbteil innerhalb der Erbengemeinschaft bleibt, bietet sich eine Abfindung durch die Miterben an. Eine schriftliche Abfindungsvereinbarung sollte stets anwaltlich begleitet werden. Lässt sich die Erbengemeinschaft nicht auf eine Abfindungsregelung ein und bieten sich keine Alternativen an, bleibt der Miterbe bis zu deren Auflösung in der Erbengemeinschaft.
- Verschenken: Eine Alternative zu Verkauf und Abfindung ist eine Schenkung an Dritte. Die begünstigte Person muss kein Miterbe oder Angehöriger sein.
Was muss die Erbengemeinschaft als Verwalterin des Nachlasses tun?
Die Erbengemeinschaft hat u. a. die Aufgabe, bis zur Aufteilung des Nachlasses die Verwaltung zu übernehmen. Für eine „ordnungsgemäße Verwaltung“, die beispielsweise die Zahlung von Steuern und offenen Rechnungen umfasst, genügt eine einfache Mehrheit der Erbquoten.
Beschlüsse für Maßnahmen, die nicht zwingend notwendig sind, erfordern dagegen Einigkeit, z. B. für die Restauration eines Möbelstücks oder den Neuanstrich der Immobilie. Findet sich keine Mehrheit, muss die Zustimmung der ablehnenden Erben ggf. eingeklagt werden. Eine Notverwaltung ist nur bei akuter Gefährdung zulässig, z. B. bei einem undichten Dach.
Zu klären sind weiterhin diese o. ä. Punkte:
- Soll ein Miterbe federführend die Nachlassverwaltung übernehmen?
- Wie soll das Vermögen aufgeteilt werden, d. h. Mobiliar, Bilder, Hausrat oder Immobilien? Wie hoch ist der Wert?
- Was soll verkauft, vermietet oder verschenkt werden?
- Kann ein Miterbe eine vorhandene Immobilie übernehmen und die übrigen Miterben auszahlen?
Jeder Miterbe, der Informationen über den Nachlass benötigt, kann Unterlagen anfordern und sichten, z. B.:
- Akten des Nachlassgerichts
- Kontoverlaufsübersicht der Bank des Erblassers
- Einträge im Grundbuchamt oder Handelsregister
Ist ein Erbschein erforderlich?
Wenn das Erbe angenommen wurde, dient ein Erbschein als Nachweis, es sei denn, ein handschriftliches Testament inklusive Eröffnungsprotokoll liegt vor:
- Gemeinschaftlicher Erbschein: Genannt werden alle Miterben und Erbquoten (§ 352a FamFG).
- Teilerbschein: Wird ein Erbschein nur auf einen Miterben ausgestellt, handelt es sich um einen „Teilerbschein“.
- Quotenloser Erbschein: Stehen die Erbquoten noch nicht fest, kann bei Bedarf ein quotenloser Erbschein ausgestellt werden.
Kompetente Unterstützung bei Erbstreitigkeiten
Um Probleme innerhalb der Erbengemeinschaft zu vermeiden, kann der Erblasser die Testamentsvollstreckung anordnen. Dann übernimmt ein Testamentsvollstrecker die Verwaltung und erstellt ein Nachlassverzeichnis (§ 2215 BGB). Ohne Testamentsvollstrecker ist häufig Streit vorprogrammiert. Zur Unterstützung empfiehlt es sich, einen Experten für Erbrecht heranzuziehen, der die Nachlassverwaltung und -abwicklung übernimmt und bei Streitigkeiten vermittelt.