Hohe Temperaturen schwächen die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit
Bei Hitze wird der menschliche Organismus enormen Belastungen ausgesetzt und Beschäftigte können sich schlechter konzentrieren. Daher liegt es auch im Interesse des Arbeitgebers, eine gesundheitsverträgliche Raumtemperatur am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Empfehlenswerte Hitzeschutzmaßnahmen lassen sich aus dem Arbeitsschutzrecht und der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (§ 618 BGB) ableiten.
Nach der Arbeitsstättenrichtlinie (ASR) soll die Temperatur in Arbeitsräumen und Sozialräumen nicht höher als 26 Grad sein. Diese Empfehlung ist nicht auf die Sommermonate begrenzt, sondern gilt ganzjährig, beispielsweise auch in beheizten Räumen.
Muss der Arbeitgeber den Mitarbeitern hitzefreigeben?
Grundsätzlich besteht kein direkter Rechtsanspruch auf kühle Räume. Die erforderlichen Maßnahmen hängen von der Raumtemperatur ab. Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, Leben und Gesundheit der Beschäftigten zu schützen und mögliche Risiken gering zu halten.
Die Arbeitsstättenrichtlinie (ASR) kennt drei Temperaturschwellen:
Ab 26 Grad:
Gemäß ASR A3.5 soll der Arbeitgeber ab einer Raumtemperatur von 26 Grad Schutzmaßnahmen ergreifen. Diese können je nach Tätigkeit und Arbeitsplatz unterschiedlich ausfallen. Hitzefrei gehört nicht dazu. Arbeitnehmer sind grundsätzlich verpflichtet, auch bei hohen Temperaturen ihre Arbeitsleistung zu erbringen.
Bei der Temperaturschwelle „26 Grad“ handelt es sich um eine arbeitswissenschaftliche Empfehlung, die den Arbeitgeber noch nicht zu Hitzemaßnahmen verpflichtet. Es gibt allerdings Ausnahmen, wenn beispielsweise Schwangeren oder Beschäftigten mit schweren körperlichen Tätigkeiten konkrete Gesundheitsbeeinträchtigungen drohen. Gefährdet sind auch Mitarbeiter, die besondere Arbeits- oder Schutzkleidung mit verminderter Wärmeabgabe tragen müssen.
Ab 30 Grad:
Sobald in Büro- oder Sozialräumen 30 Grad erreicht sind, muss der Arbeitgeber tätig werden. Die Arbeitsstättenrichtlinie nennt dafür Beispiele (ASR A3.5, Tab. 3), legt aber keine verbindlichen Maßnahmen fest. Der Arbeitgeber kann davon abweichen, wenn er andere Lösungen findet, um die Gesundheit und Sicherheit der Belegschaft sicherzustellen. Idealerweise sollten Hitzeschutzmaßnahmen mit der Arbeitnehmervertretung oder den betroffenen Beschäftigten direkt vereinbart werden.
Zur Entlastung der Arbeitnehmer können u. a. diese Schritte führen:
- Kühlgeräte oder Ventilatoren aufstellen
- Kleiderordnung lockern
- Rollläden oder Jalousien herunterlassen
- über Nacht oder in den frühen Morgenstunden lüften
- Wärmeerzeugende Drucker und Kopierer entfernen
- Getränke und Eis anbieten
- Zugang zum Betrieb bereits frühmorgens ermöglichen
- Arbeitszeiten innerhalb des gesetzlichen oder tarifvertraglichen Rahmens anpassen
- Fortbildungsmaßnahmen in kühlere Jahreszeiten verschieben
- evtl. Tätigkeiten ins Homeoffice verlagern
Ab 35 Grad gilt:
Ab 35 Grad gilt ein Arbeitsplatz nach der Arbeitsstättenrichtlinie (ASR) als nicht mehr nutzbar, wenn keine besonderen Maßnahmen ergriffen werden. Unter diesen Bedingungen muss der Arbeitgeber zumindest Pausen in kühleren Räumen organisieren und geeignete Empfehlungen der ASR umsetzen.
Vorsicht beim Einsatz von Ventilatoren und Kühlgeräten
Tisch-, Stand-, Turm- oder Deckenventilatoren und mobile Klimageräte haben gesundheitliche Auswirkungen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer beachten sollten:
- Ob Ventilatoren oder mobile Klimageräte, keines der Geräte besitzt eine Frischluftzufuhr. Auch mobile Kühlgeräte wälzen in der Regel nur die Raumluft einschließlich vorhandener Aerosole, Bakterien und Viren um. Zwar gibt es Modelle mit HEPA-Luftfilter, dennoch erfolgt keine Luftzufuhr von außen.
- Ventilatoren kühlen durch Schweißverdunstung, erzeugen dabei jedoch Zugluft, die zu Erkältungen und einem steifen Hals führen kann. Es werden viel Staub und Pollen aufgewirbelt, was insbesondere für Allergiker eine Gefahr darstellt. Die Geräte erzeugen bei Dauerbetrieb außerdem Wärme, was die Mitarbeiter zusätzlich belastet.
- Mobile Klimageräte können zwar effizient sein, sind aber nicht lautlos. Je nach Gerät entstehen erhebliche Geräuschbelästigungen. An den Luftauslässen kann auch hier Zugluft entstehen.
Ist der Arbeitgeber für Hitzeschutzmaßnahmen im Homeoffice verantwortlich?
Ob Arbeitgeber bei hohen Temperaturen auch im Homeoffice für Entlastung sorgen müssen, richtet sich danach, ob es sich um Telearbeit oder um mobiles Arbeiten handelt.
- Telearbeit: Ein vom Arbeitgeber eingerichteter fester Arbeitsplatz wird als Telearbeitsplatz bezeichnet.
- Mobiles Arbeiten: Wenn der Arbeitnehmer selbst entscheidet, wo er arbeitet, spricht man von mobilem Arbeiten.
Wichtig: Der Arbeitgeber ist nur bei einem Telearbeitsplatz für die richtige Raumtemperatur und den Gesundheitsschutzzuständig. Bei einem mobilen Arbeitsplatz ist der Arbeitnehmer selbst dafür verantwortlich.
Wir unterstützen Sie auch an heißen Tagen
Arbeitgeber sind wegen des Klimawandels gehalten, der zunehmenden Hitze präventiv zu begegnen. Obwohl mit steigenden Temperaturen die Konzentrationsfähigkeit sinkt und das Unfallrisiko steigt, beschäftigen sich die Unternehmen oft nur zögerlich damit. Trotzdem dürfen Arbeitnehmer den Arbeitstag auch bei hohen Temperaturen nicht eigenmächtig beenden, es sei denn, die Arbeitszeitregelung im Unternehmen lässt diese Flexibilität zu. Als Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten könnte es ansonsten zur Abmahnung und im Wiederholungsfall zur Kündigung kommen. Selbstverständlich darf sich auch der Arbeitgeber nicht der Verantwortung entziehen, indem er das Unternehmen vorzeitig verlässt oder ganz fernbleibt.
Der Anspruch auf Hitzeschutzmaßnahmen lässt sich gerichtlich durchsetzen, allerdings mit Verzögerung. Empfehlenswerter ist es, gemeinsame Lösungen zu suchen. Unsere Experten für Arbeitsrecht und Arbeitsschutz unterstützen Arbeitnehmer, Betriebsräte und Arbeitgeber.