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Kündigung auf ärztlichen Rat - Sperrzeit, Alternativen, Wissenswertes

Arbeitsrecht
7/3/24
4
Min. Lesezeit
Ärztin
Wer eine Kündigung auf ärztlichen Rat in Erwägung zieht, weil der Job krank macht, sollte sich vorher über rechtliche und finanzielle Aspekte informieren. Da es sich um eine Eigenkündigung handelt, liegt die Beweislast zur Vermeidung der Sperrzeit bei den Betroffenen. Es lohnt sich, mögliche Alternativen mit dem Arbeitgeber, dem Betriebsrat und einem erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu prüfen.

Was bedeutet Kündigung auf ärztlichen Rat?

Arbeitnehmer sollten sich in ihrem Job wohlfühlen und nicht gesundheitlich beeinträchtigt werden. Burnout, Depressionen oder Herz-/Kreislaufprobleme sind nur einige der Erkrankungen, die durch die Arbeit begünstigt werden können. Wenn ein Arzt die gesundheitsgefährdenden Ursachen eindeutig im Job sieht, kann er dazu raten, die Tätigkeit oder den Arbeitgeber zu wechseln. Dazu stellt er ein Attest mit den Gründen für seine Empfehlung aus.

Diesem Rat sollten Beschäftigte allerdings nicht blindlings folgen und die nächsten Schritte gut planen. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann weitreichende Konsequenzen haben. Um sicherzugehen, dass die Maßnahme alternativlos ist, sollten Betroffene zunächst den Rat eines weiteren Facharztes suchen.

Rechtliche Voraussetzungen

Auch bei Kündigungen auf ärztlichen Rat gelten die Voraussetzungen und Fristen des § 622 BGB. Das Arbeitsrecht sieht hierzu keine spezielle Regelung vor. Es gelten auch keine verlängerten oder abweichenden Kündigungsfristen.

Der Betriebsrat hat nach § 102 BetrVG vor jeder Kündigung durch den Arbeitgeber ein Anhörungsrecht. Dieses Recht besteht auch, wenn der Arbeitnehmer selbst eine Kündigung auf ärztlichen Rat hin ausspricht. Damit sollen Beschäftigte bei ihrer weitreichenden Entscheidung unterstützt werden.

Der Betriebsrat prüft beispielsweise, ob der Arbeitgeber nach Alternativen zur Kündigung gesucht oder Änderungsmöglichkeiten der Arbeitsbedingungen geprüft hat. Die Arbeitnehmervertreter suchen nach einem Gespräch mit den Beteiligten in der Regel selbst nach weiteren Optionen.

Wichtiger Grund zur Vermeidung der Sperrzeit

Auch bei einer Kündigung auf ärztlichen Rat gehört die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu den zentralen Aspekten. Betroffene sollten sich vorab zu den Konsequenzen einer Eigenkündigung informieren.

Arbeitnehmer, die sich arbeitslos melden, haben nach der Erfüllung der Anwartschaftszeit grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld (§§ 136, 137 SGB III). Die Höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich u. a. nach der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und beträgt 60 bzw. 67 Prozent des bisherigen Einkommens.

Vorsicht jedoch bei einer Eigenkündigung ohne wichtigen Grund: Hierbei besteht die Gefahr, dass eine 12-wöchige Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld verhängt wird, da die Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt wurde (§ 159 SGB III). Die Kündigung auf ärztlichen Rat kann nach Entscheidung des Bundessozialgerichts jedoch einen wichtigen Grund darstellen und damit eine Sperrzeit verhindern (Urteil v. 17.11.2011, B 11 AL 1/11 R).

Wollen Beschäftigte die Kündigungsfrist nicht abwarten, sondern fristlos kündigen, benötigen sie ebenfalls einen wichtigen Grund (§ 626 I BGB).

Beweislast liegt beim kündigenden Arbeitnehmer

Die Beweislast, dass ein wichtiger Grund vorlag, liegt beim Arbeitnehmer. Der Bescheinigung des Arztes kommt demnach eine große Bedeutung zu, da sie von der Agentur für Arbeit, vom Arbeitgeber und der Krankenkasse geprüft wird.

Das Attest muss deutlich machen, dass die Weiterbeschäftigung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich und eine Gesundung im Job nicht absehbar war. Zusätzlich sollten Betroffene darlegen, was sie unternommen haben, um die krankheitsauslösenden Gründe zu beseitigen, z. B. ein Gespräch mit Vorgesetzten und Betriebsrat über die Arbeitsbedingungen.

Wichtig: Fehlt das ärztliche Attest, kann die Sperrfrist beim Arbeitslosengeld nicht verhindert werden.

Krankenversicherung und Krankengeld

Da der Arbeitnehmer gesundheitsbedingt nach der Kündigung womöglich nicht direkt eine neue Beschäftigung aufnehmen kann, ist die Absicherung besonders wichtig. Arbeitnehmer bleiben nach der Kündigung zwar weiterhin krankenversichert, haben jedoch keinen Anspruch mehr auf das an ein Beschäftigungsverhältnis geknüpfte Krankengeld (§ 44 SGB V).

Tipp: Betroffene können sich stattdessen über eine freiwillige Weiterversicherung oder eine Anwartschaftsversicherung absichern.

Alternative zur ärztlich empfohlenen Eigenkündigung

Die Eigenkündigung stellt ohne Anschlussbeschäftigung ein gewisses Risiko dar. Betroffene sollten sich vorher beraten lassen und mögliche Alternativen prüfen. Infrage kommt beispielsweise eine Änderung der Arbeitsbedingungen, die befristete Freistellung oder eine Versetzung.

Eine vorübergehende Lösung kann es sein, sich arbeitsunfähig zu melden. Dadurch haben Beschäftigte Anspruch auf volle Lohnfortzahlung (§ 3 EntgFG) und anschließend auf Krankengeld. Dieser Anspruch besteht für max. 78 Wochen (§§ 47 I, 48 I SGB V). Falls der Arbeitgeber sich in dieser Zeit für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses entscheidet, hat der Arbeitnehmer keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu befürchten.

Fazit: Nehmen Sie eine Kündigung auf ärztlichen Rat keinesfalls überstürzt vor

Sprechen Sie als Erstes mit dem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmervertreter. Prüfen Sie mögliche Optionen, die Ihnen bei der Gesundung helfen können und gleichzeitig eine Kündigung vermeiden. Es empfiehlt sich, dazu eine zweite ärztliche Meinung einzuholen.

Darüber hinaus sollten Betroffene frühzeitig die Unterstützung eines Fachanwalts für Arbeitsrecht suchen. Ein Experte ermittelt u. a. mögliche Ansprüche auf Abfindung oder Schadensersatz und prüft die Möglichkeit einer Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG).

Viele Kündigungen sind rechtlich angreifbar
Sind Sie von Ihrem Arbeitgeber gekündigt worden? Dann lohnt sich eine Prüfung.
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