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Lästern am Arbeitsplatz - das gute Recht der Mitarbeiter oder Kündigungsgrund?

Arbeitsrecht
18/6/24
3
Min. Lesezeit
Kollegen
Lästern am Arbeitsplatz ist ein gern genutztes Ventil für die Beschäftigten, wobei die Grenze zwischen Lästern und Diskreditieren oft verschwimmt. Im schlimmsten Fall drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen von der Abmahnung bis zur Kündigung. Aber selbst Beschimpfungen des Vorgesetzten rechtfertigen nicht in jedem Fall eine Kündigung, wie das Arbeitsgericht Essen feststellte.

Lästern ist nicht gleich Lästern

Wut, Übermut oder Frust - Lästereien über den Vorgesetzten, die Kollegen oder den Arbeitgeber können viele Auslöser haben. Ob und mit welchen arbeitsrechtlichen Konsequenzen die Beschäftigten rechnen müssen, hängt von der Art und Weise ab, in der gelästert wird. Bleiben die Äußerungen im privaten Kreis, dürfen sie ohne Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis sogar derb und ausfallend sein.

Eine Kündigung ist erst zulässig, wenn ein Mitarbeiter in der Kantine, in einem Meeting oder auf einem Betriebsfest schlecht über seinen Vorgesetzten oder das Unternehmen spricht. Dann ist diese Äußerung öffentlich und stellt eine Pflichtverletzung dar. Der betroffene Vorgesetzte kann das Verhalten bei besonders ausfallender Wortwahl als „Ehrverletzung“ bewerten.

ArbG Essen: Bei einer Ehrverletzung muss der Beleidigte von den Äußerungen erfahren

Eine kaufmännische Angestellte, die seit 1997 in einem Essener Unternehmen arbeitete, wurde nach einem Geschäftsführerwechsel von der Einschränkung ihrer Berechtigungen überrascht. Als sie 4 Wochen lang arbeitsunfähig erkrankt war, wurde ihr die Zugangsberechtigung zum Betrieb für Zeiten nach 18:00Uhr sowie für die Wochenenden gesperrt. Daraufhin teilte sie dem Arbeitgeber mit, dass ihr die gewohnten Dateizugriffe nicht mehr möglich seien.

Während ihres darauffolgenden Urlaubs ging eine Änderungskündigung ein, verbunden mit dem Angebot, die Tätigkeit bei einem anderen Unternehmen der Gruppe in Hannover fortzuführen. Kurze Zeit später folgten die Freistellung durch den Arbeitgeber sowie ein Hausverbot.

Grund dafür war u. a., dass sie sich während der Freistellung gegenüber Kolleginnen beleidigend und ausfallend über den Geschäftsführer geäußert habe. Es seien Ausdrücke wie „hinterfotzig“ und „Pisser“ gefallen, was der Arbeitgeber als Ehrverletzung bewertete. Er sprach statt der ordentlichen nun eine fristlose Kündigung aus.

Die Mitarbeiterin reagierte mit einer Kündigungsschutzklage. Es habe sich schließlich um vertrauliche Gespräche unter Arbeitskolleginnen gehandelt, auf deren Diskretion sie sich verlassen habe.

Äußerungen im vertrauten Kreis sind kein Kündigungsgrund

Das Arbeitsgericht Essen widersprach der Auffassung des Arbeitgebers. Es handele sich hier nicht um eine Ehrverletzung, da diese voraussetze, dass der Beleidigte von den Äußerungen erfahre. Die Richter stellten klar, dass auch abwertende Bemerkungen erlaubt sind, wenn das Gespräch nichtöffentlich mit Personen stattfindet, mit denen ein enges Freundschafts- und Vertrauensverhältnis besteht.

Die Beschäftigte im vorliegenden Fall konnte sich der Verschwiegenheit ihrer Arbeitskolleginnen sicher sein. Daher seien ihre Äußerungen rein privat und könnten ihr nicht angelastet werden. Das Arbeitsverhältnis sei deshalb weder durch die ordentliche noch durch die fristlose Kündigung des Arbeitgebers wirksam aufgelöst worden (Az. 2 Ca 3550/12).

Das nachfolgende Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf endete mit einem Vergleich. Vereinbart wurde die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Abfindung (Az. 7 Sa 19/14).

Vorsicht beim Lästern im Internet und in Messenger-Apps

Öffentliche Lästereien können zu einer Abmahnung oder Kündigung führen, wenn sie dem Ruf eines Vorgesetzten schaden bzw. das Betriebsklima nachhaltig stören. Derartige Beleidigungen finden sich immer häufiger im Netz, genauer gesagt in den sozialen Medien und in Foren.

Die Gerichte urteilen bislang nicht einheitlich über diskreditierende Bemerkungen im Internet oder in Messenger-Diensten. Meist werden diese jedoch als öffentlich und damit als pflichtverletzend eingestuft. Die Brisanz steckt unter anderem in der Schnelligkeit und der Reichweite, mit der sich abwertende Äußerungen im Netz verbreiten. Sie bewirken weitere negative Kommentare und animieren immer häufiger ganze Gruppen zu Shitstorms über den Arbeitgeber.

Tipp: Wer über seinen Arbeitgeber oder den Vorgesetzten sprechen will, sollte möglichst sachliche und wahrheitsgemäße Beschreibungen verwenden. Dabei ist es unerheblich, ob Sie sich mit Arbeitskollegen unterhalten oder in den sozialen Medien darüber diskutieren. Das Internet vergisst nie und aktuelle Gefühlsausbrüche könnten Ihnen später bei Bewerbungen oder bei anderen Arbeitgebern unerwartet Schwierigkeiten bereiten.

Viele Kündigungen sind rechtlich angreifbar
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