Klage wegen Werbeaussagen zu „Kater-Drinks“
Geklagt hat ein eingetragener Verein in Frankfurt am Main, zu dessen Aufgaben „die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung der Regeln des lauteren Wettbewerbs gehört“. Die Klage richtete sich gegen die Werbeaussagen zu einem „Anti-Hangover-Drink“ und einem „Anti-Hangover-Shot“: Mithilfe des Trinkpulvers (Drink) oder der trinkfähigen Mischung (Shot) könne man einem Kater vorbeugen bzw. dessen Wirkung lindern, so der Hersteller.
Der Verein sah in diesen Werbeaussagen einen Verstoß gegen die Zulässigkeit von Werbeangaben für ein Nahrungsergänzungsmittel und hatte den Hersteller diesbezüglich bereits erfolglos abgemahnt. Da es sich bei einem Alkoholkater um eine Krankheit handle, dürften den Lebensmitteln keine entsprechenden Eigenschaften zugeschrieben werden. Aus diesem Grund klagte der Verein.
Ist der „Kater“ nach übermäßigem Alkoholgenuss eine Krankheit?
Um über die Klage zu entscheiden, hatten die Richter des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main die Aufgabe, erst zu beurteilen, ob es sich bei einem „Kater“ tatsächlich um eine Krankheit handle. Denn was für gewöhnlich als typisches Unwohlsein nach dem feuchtfröhlichen Grillabend oder dem Oktoberfest belächelt wird, ist medizinisch gesehen erheblich mehr. Die Richter stellten klar, dass jede Störung des Normalzustands des Körpers — unabhängig davon, ob diese vorübergehend oder dauerhaft ist — als Krankheit gilt. Dazu gehört auch ein alkoholbedingter „Kater“, medizinisch unter der Bezeichnung „Veisalgia“ bekannt.
Dabei handelt es sich um einen Zustand nach übermäßigem Alkoholkonsum, der mit Unwohlsein und einer Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit einhergeht. Das Maß der Beeinträchtigung hängt u. a. vom Alkoholspiegel ab. In der Regel machen sich Übelkeit, Kopfschmerzen, starker Durst oder Schwindel bemerkbar.
Da es sich um eine Krankheit handle, verbot das LG Frankfurt am Main dem Hersteller, die bisherige Werbung weiter einzusetzen.
Beispielsweise seien diese Aussagen unzulässig:
- „Die richtige Anwendung: Den ersten X-Drink vor dem Alkoholkonsum trinken, einen zweiten X-Drink vor dem Schlafengehen trinken"
- „Anti Hangover Drink"
- „Mit unserem Anti-Hangover-Drink führst Du Deinem Körper natürliche, antioxidative Pflanzenextrakte, Elektrolyte und Vitamine zu".
- „Hangover vermeiden“
- „Natürlich bei Kater"
- „Reich an Salicin und Flavonoiden"
- „Patentierte und wissenschaftlich fundierte Rezeptur"
- „Nicht nur für die ganz großen Partys, sondern immer, wenn du Alkohol konsumierst und lange auf den Beinen bist, ist es sinnvoll, deinem Körper unseren Anti-Hangover-Drink zu spendieren.“
Untersagt wurden dem Unternehmen auch die aufgeführten Meinungen von Kunden:
- „Gehört für mich mittlerweile zum Feiern, wie der Kaffee zur Arbeit“
- „Mir hat es super geholfen"
- „Trotz einer langen Nacht war ich fit am Morgen! So hab ich mir das vorgestellt"
Der Hersteller legte gegen das Urteil Berufung ein. Er beantragte, das Urteil des Landgerichts vom 8.6.2018 (Az. 3-10 O 67/17) abzuändern und die Klage abzuweisen.
OLG Frankfurt am Main: Werbeaussagen suggerieren die Vermeidbarkeit eines Alkoholkaters
Die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main bestätigten die Entscheidung des Landgerichts. Sie verwiesen auf die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Demnach dürfen Lebensmitteln keine Eigenschaften zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zugeschrieben werden. Bei einem „Kater“ bzw. „Hangover“ handle es sich aber um eine Krankheit. Dafür spreche schon, dass es einen medizinischen Fachbegriff dafür gebe (Veisalgia). Es sei auch nicht maßgeblich, dass in der Regel keine ärztliche Behandlung nötig sei.
Die Werbeaussagen des Herstellers suggerierten den größtenteils jungen Verbrauchern, dass die beworbenen Produkte zur Behandlung der Symptome eines „Alkoholkaters“ geeignet seien bzw. diesem vorbeugen könnten. Eine derartige Werbung sei unzulässig (12.09.2019, Az. 6 U 114/18).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO seien nicht erfüllt.