Musterfeststellungsklage gegen Parship
Bei der Klage handelte es sich um eine Musterfeststellungsklage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv) im Namen von 29 Parship-Kunden. Mehr als 1.200 weitere Verbraucher schlossen sich der Klage an.
Kernpunkt des Rechtsstreites war die automatische Verlängerung des Abonnements. Die Kündigungsfrist betrug zwölf Wochen, wurde diese Frist nicht eingehalten, verlängerte das Abonnement sich automatisch um ein ganzes Jahr. Ein zweites Thema der Klageschrift war die von Parship nicht vorgesehene Möglichkeit einer fristlosen Kündigung.
Teilerfolg für Verbraucher
Die automatische Verlängerung des Abonnements wurde in einigen Fällen für unwirksam erklärt. Entscheidend für die Unwirksamkeit sei die Laufzeit des Vertrages. Während die zwölfwöchige Kündigungsfrist für einen Vertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten nicht beanstandet wurde, sei die Kündigungsfrist für einen Vertrag mit einer Laufzeit von nur sechs bis zwölf Monaten nicht zumutbar und die Klausel somit unwirksam.
Damit wurde dem Streitpunkt um die Kündigungsfristen vom Hanseatischen OLG in Hamburg teilweise stattgegeben (Urt. v. 26.10.2023, Az. 3 MK 2/21).
Die geforderte Möglichkeit einer fristlosen Kündigung wurde dagegen abgelehnt.
Begründung des Gerichts
Die Verbraucherzentrale sah in der zwölfwöchigen Kündigungsfrist eine unzumutbare Benachteiligung der Verbraucher. Laut Verbraucherzentrale sei es nicht zumutbar, wenn Mitglieder zwölf Wochen vor Ablauf des Vertrages kündigen müssten, um das Abonnement nicht für ein weiteres ganzes Jahr zu verlängern und sich so an die Plattform zu binden.
Dieser Argumentation wurde vom Gericht teilweise stattgegeben, abhängig von der Laufzeit des Vertrages. Bei einer Laufzeit von 24 Monaten wurde wie oben bereits erwähnt die Unzumutbarkeit dagegen abgewiesen und die Kündigungsfrist als zumutbar eingestuft.
In der Begründung argumentierte das OLG unter anderem mit der Erfolgsbezogenheit des Vertrages, so Gerichtssprecherin Christina Schachten. Sei eine erfolgreiche Vermittlung zustande gekommen und der angestrebte Erfolg erreicht, so sei auch eine Verlängerung des Abonnements nicht mehr verhältnismäßig. Hier wurde ein Vergleich zum Mobilfunkvertrag gezogen, der anders als ein Vertrag mit einer Partnerbörse keinen konkreten Erfolg zum Ziel hat, sondern einen laufenden Nutzen bietet. Der Berichterstatter des Zivilsenats Stefan Schilling merkte zudem an, dass es schwer vorstellbar sei, „dass ein Nutzer danach (nach der erfolgreichen Vermittlung, Anm. der Redaktion) noch auf der Plattform bleiben wolle.“
Für die fristlose Kündigung argumentierte die Verbraucherzentrale, dass ein Festhalten am Vertrag für den Kunden dann nicht mehr zumutbar sei, wenn der Kunde das Gefühl habe, seine Daten seien nicht mehr in guten Händen. In einem solchen Fall sei ein Festhalten am Vertrag unzumutbar. Bei dieser Argumentation bezog sich die Verbraucherzentrale auf § 627BGB und reichte zwei Feststellungsanträge ein.
Beide Feststellungsanträge wurden vom OLG Hamburg abgelehnt. In der Begründung nannte das OLG den Unterschied zwischen der Dating-Plattform und Diensten höherer Art wie beispielsweise eine medizinische Behandlung. Auch auf eine Entscheidung des BGHs aus dem Jahr 2021 wurde verwiesen. In dieser Entscheidung wurde festgestellt, dass es sich bei Parship nicht um eine klassische Heiratsvermittlung handle. Das auf Algorithmen aufgebaute Datensystem sei anders zu behandeln als die Sammlung persönlicher Daten auf z.B. Karteikarten. Daher sei die anerkannte Möglichkeit einer fristlosen Kündigung bei Offline-Partnervermittlungen nicht auf eine Online-Partnervermittlung übertragbar. Für diese Entscheidung wurde eine mögliche Prüfung einer Revision durch den Bundesverband angekündigt.
Folgen der gerichtlichen Entscheidung
Parship begrüßte die Entscheidung des Gerichts bezüglich der fristlosen Kündigung und änderte im März 2022 aufgrund einer neuen Gesetzeslage die AGB bezüglich der Kündigungsfristen. Die Mitgliedschaft bei Parship kann nun bei nicht fristgerechter Kündigung monatlich erfolgen.
Bei Rechtskräftigkeit des Urteils müssen die einzelnen Betroffenen individuell Klage einreichen, um etwaige Ansprüche gegen den Betreiber der Plattform geltend zu machen.