Wann dürfen Arbeitnehmer ein Firmenfahrzeug nutzen?
Es existieren verschiedene Modelle zur Überlassung betrieblicher Fahrzeuge an die Angestellten. Diese werden entweder nur zu dienstlichen Fahrten bereitgestellt oder stehen den Beschäftigten auch privat zur Verfügung. Letzteres beinhaltet in der Regel auch die Übernahme sämtlicher Fahrzeugkosten durch den Arbeitgeber und stellt eine Form des Arbeitslohns dar (Sachbezug). Der Arbeitnehmer unterliegt für diesen „geldwerten Vorteil“ der Abgaben- und Steuerpflicht.
Untersagte Privatnutzung verstößt gegen den Arbeitsvertrag
Wenn der Arbeitgeber jedoch nur betriebliche Einsätze mit den Firmenfahrzeugen erlaubt, kann die Privatnutzung zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen. Diese Erfahrung machte auch ein Arbeitnehmer, der seit 9 Jahren bei einem Dienstleister für unterschiedliche Beförderungen beschäftigt war.
Sein Vorgesetzter, der Fuhrparkleiter des Unternehmens, hatte dem Mitarbeiter bereits früher die einmalige private Nutzung eines Transporters gestattet. Im Mai 2021 war der Fuhrparkleiter außer Haus. An diesem Tag holte sich der Arbeitnehmer den Schlüssel eines Transporters aus der Betriebshalle und fuhr mit dem Fahrzeug ca. 10 km zu privaten Zwecken. Danach stellte er den Transporter, ohne aufzutanken, wieder auf dem Betriebsgelände ab.
Drei Tage später sollte das Fahrzeug eingesetzt werden, ließ sich jedoch nicht starten und musste repariert werden. Der Arbeitgeber erfuhr von der nicht genehmigten privaten Nutzung und kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich.
AG Stralsund gibt der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers statt
Der gekündigte Mitarbeiter reichte Kündigungsschutzklage ein und argumentierte, er habe bereits früher das Fahrzeug zu privaten Zwecken erhalten. Der Arbeitgeber hielt dagegen, dass er die private Nutzung bereits in der Vergangenheit untersagt habe.
Das Arbeitsgericht (AG) Stralsund gab der Kündigungsschutzklage statt. Der Mitarbeiter habe durch die nicht genehmigte Nutzung des Transporters zwar seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, dennoch sei die Kündigung nicht ohne vorherige Abmahnung zulässig. Das Gericht stellte außerdem fest, dass eine Abmahnung mutmaßlich ausgereicht hätte, um ein solches Fehlverhalten künftig zu vermeiden.
LAG Mecklenburg-Vorpommern: Kündigung wegen unzulässiger Privatnutzung von Dienstfahrzeugen erfordert keine Abmahnung
Der Arbeitgeber ging in Berufung, die jedoch erfolglos blieb. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern bestätigte, dass bei unzulässiger Privatnutzung eines Firmenfahrzeugs eine außerordentliche und fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung zulässig sei. Vorausgesetzt, dem Arbeitnehmer sei die private Nutzung untersagt und nicht bereits in der Vergangenheit kurzzeitig erlaubt worden (21.06.2022, 5 Sa 245/21).
Wenn keine Verhaltensänderung bei einem Beschäftigten zu erwarten sei, könne auf die Abmahnung bei verhaltensbedingter Kündigung ebenfalls verzichtet werden. Das gelte auch bei einer besonders schwerwiegenden Pflichtverletzung, die für den Arbeitgeber selbst bei erstem Auftreten nicht hinnehmbar sei (vgl. BAG 16.12.2021, Az.: 2 AZR 356/21).
Arbeitgeber muss Verbot der Privatnutzung klar kommunizieren
Im vorliegenden Fall war bereits vereinzelt der private Einsatz eines betrieblichen Transporters geduldet worden. Daher setze die Kündigung eine vorherige Abmahnung voraus. Mangels anderslautender Anweisungen des Arbeitgebers sei für den Mitarbeiter nicht eindeutig erkennbar gewesen, dass eine weitere Privatnutzung das Arbeitsverhältnis gefährden könne.
Die fehlende Betankung stufte das LAG aufgrund der kurzen Strecke von 10 km nicht als erhebliche Pflichtverletzung ein.
Tipp: Private Fahrzeugnutzung schriftlich vereinbaren
Die unerlaubte Privatnutzung eines Firmenfahrzeugs kann, sofern sie grundsätzlich untersagt worden ist, ohne Abmahnung zu einer Kündigung führen. Hat ein Arbeitgeber jedoch nur einmal einer privaten Nutzung zugestimmt, kann dadurch bereits eine Abmahnung erforderlich werden.
Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte vor dem Ausleihen eines Firmenfahrzeugs für private Fahrten unbedingt die schriftliche Genehmigung eingeholt werden. Ein grundsätzliches privates Nutzungsverbot sollten Arbeitgeber ebenfalls schriftlich dokumentieren.