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Verbreitung von Reichsbürger-Ideologien ist Kündigungsgrund

Arbeitsrecht
26/1/24
3
Min. Lesezeit
Grundgesetz
Das LAG Hamburg stellte fest, dass verfassungsfeindliche Einstellungen im öffentlichen Dienst nicht hinnehmbar sind. Die Richter lehnten die Kündigungsschutzklage eines Polizisten ab.

Verfassungsfeindliche Äußerungen im Polizeidienst

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg hatte über die Kündigungsschutzklage eines Angestellten im Polizeidienst zu entscheiden. Der seit Juli 2019 bei der Freien und Hansestadt Hamburg beschäftigte Kläger war im Objektschutz zur Beobachtung von Generalkonsulaten und jüdischen Einrichtungen eingesetzt.

Auf seiner Homepage hatte der Kläger ein Video mit Behauptungen der Reichsbürger-Bewegung verlinkt, in denen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihr Rechtsstatus angezweifelt werden. Er bezeichnete darin das Grundgesetz als „Scheißdreck von Verfassung“, das „von unseren Besatzern“ eine „nette Art Betriebsordnung“ sei. Er sei immer mehr davon überzeugt, Deutschland sei „besetztes Gebiet“.

Das Landesamt für Verfassungsschutz ordnet den Kläger als "Reichsbürger und Selbstverwalter" ein.

Reichsbürger und Selbstverwalter

Im Mittelpunkt der Reichsbürger-Ideologie steht die fundamentale Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Rechtsordnung. Dabei wird den demokratisch gewählten Repräsentanten u. a. unter Berufung auf das historische Deutsche Reich die Legitimation abgesprochen. Sogenannte „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ definieren sich als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Häufig werden auch die Ausweisdokumente der Bundesrepublik Deutschland als unwirksam abgelehnt.

ArbG Hamburg: Kündigung sozial unwirksam

Die Stadt Hamburg kündigte das Arbeitsverhältnis am 12.11.2020 ordentlich zum 31.12.2020. Der Polizist reichte dagegen Kündigungsschutzklage ein.

Das Arbeitsgericht (ArbG) gab seiner Klage statt. Da der Kläger die Reichsbürger-Ideologie vertrete, fehle ihm zwar die persönliche Eignung für den Polizeidienst, dennoch sei die Kündigung sozial unwirksam. Es wäre der Stadt Hamburg als Beklagter zumutbar gewesen, den Kläger anderweitig, d. h. auf einem weniger sicherheitsempfindlichen Arbeitsplatz einzusetzen. Die Kündigung sei daher unwirksam (ArbG Hamburg, 17. 08.2021 – 14 Ca 564/20).

Die Stadt Hamburg war mit diesem Urteil nicht einverstanden und legte Berufung ein.

LAG: Zweifel an der Verfassungstreue rechtfertigt Kündigung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg wies die Kündigungsschutzklage ab. Die Richter erkannten entscheidende Mängel an der Eignung des Polizisten für die Tätigkeit im öffentlichen Dienst, dessen Beschäftigte verfassungstreu sein müssten. Gerade die im Internet wiederholt gezeigte Nähe zur sogenannten Reichsbürger-Ideologie zeige, dass der Kläger nicht das erforderliche Maß an Verfassungstreue aufweist. Ein öffentlicher Arbeitgeber müsse einen Arbeitnehmer unter diesen Umständen nicht beschäftigen. Die Stadt Hamburg sei auch nicht verpflichtet, den Kläger an einen Arbeitsplatz zu versetzen, an dem seine verfassungsfeindliche Einstellung weniger sicherheitsrelevant wäre.

Das Urteil vom 22.04.2022 – 7 Sa 49/21 ist rechtskräftig, die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

Kündigung nach rechtsextremistischen Äußerungen eines Lehrers

Mit der Thematik der Verfassungstreue im öffentlichen Dienst hatte sich auch das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin bereits auseinandergesetzt. Grund für die Kündigung waren in diesem Fall die rechtsextremistischen Publikationen eines Lehrers.

Am 03.05.2018 wurde einem Berliner Lehrer gekündigt, der im Netz selbstgefertigte Videos mit rechtsextremistischen Äußerungen veröffentlichte. Darin kritisierte er u. a. die „Überfremdung“ der „weißen Nationalstaaten“ Europas. Das Land Berlin kündigte dem Lehrer daraufhin fristlos, woraufhin er Kündigungsschutzklage einreichte. Der Kläger argumentierte u. a., dass seine Videos durch die Meinungs- und Kunstfreiheit gedeckt seien. Zweifel an seiner Verfassungstreue seien in keiner Weise gerechtfertigt.

Das Land Berlin vertrat die Auffassung, dass der Kläger seiner arbeitsvertraglichen Loyalitätspflicht zur verfassungsmäßigen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin nicht nachkommen könne.

Die Richter des Arbeitsgerichts gaben der Kündigungsschutzklage nicht statt. Vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen Grundhaltung des Klägers bestätigten sie die außerordentliche Kündigung. Es sei anzunehmen, dass der Lehrer aufgrund seiner Einstellung auch künftig nicht entsprechend seinem schulischen Auftrag und den im Grundgesetz festgehaltenen Werten tätig sein werde.

Der Kläger sei daher als Lehrer für den Schuldienst ungeeignet (Urteil vom 16. Januar 2019 - Az: 60 Ca 7170/18).

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