Frau adoptiert Kater mit Auflagen im Tierüberlassungsvertrag
Eine fast 73-jährige Katzenliebhaberin ging in ein Tierheim, da sie eine Katze als Mitbewohnerin suchte. Sie fand einen Kater, den sie nach Abschluss eines „Tierüberlassungsvertrages“ übernehmen wollte. Die Mitarbeiter des Tierheims fragten nach, ob sie an ihrem Balkon ein geschlossenes Geländer habe. Nachdem sie verneint hatte, wurde ihr empfohlen, die Balkontür mit einem Fliegengitter zu sichern. So könne sie am besten gewährleisten, dass der Kater nicht unbeabsichtigt auf Wanderschaft gehe. Außerdem wiesen die Angestellten darauf hin, dass das Tier leichtes Übergewicht habe und abnehmen müsse.
Beide Sachverhalte wurden als Auflagen in den „Tierüberlassungsvertrag“ eingetragen und von der neuen Besitzerin akzeptiert. Daraufhin übergab das Tierheim den Kater an die Frau, die ihn in ihrer Wohnung unterbrachte. Abschließend veranlasste das Tierheim noch den Halterwechsel auf die Katzenbesitzerin.
Tierheim kontrolliert die Einhaltung der Vereinbarungen
Wie allgemein üblich erkundigten sich Mitarbeiter des Tierheims nach einem Jahr, wie es dem Kater gehe und ob vereinbarungsgemäß ein Fliegengitter an der Balkontür angebracht worden sei. Die Frage nach der Absperrung verneinte die Besitzerin mit der Begründung, dass das Tier zu ängstlich sei, um auf den Balkon zu gehen. Daher sei ein Fliegengitter überflüssig. Auf die Frage nach seinem Gewicht konnte sie keine verlässliche Antwort geben, da sie ihn nicht gewogen habe. Das Tierheim zeigte sich mit den Auskünften zufrieden und beendete das Telefonat.
Als es knapp 30 Minuten später an der Tür klingelte, erfuhr die Katzenbesitzerin über die Gegensprechanlage, dass zwei Personen vom Tierheim vor der Tür standen. Von ihrem Auftrag erwähnten die Mitarbeiterinnen nichts. Da die Besitzerin annahm, dass die beiden Frauen sich bloß ein Bild von der Wohngemeinschaft zwischen ihr und ihrem Kater machen wollten, öffnete sie nichts ahnend. Ohne Erklärung stürzte sich eine der beiden Mitarbeiterinnen sofort auf den Kater. Die andere Person teilte der verblüfften Hausherrin mit, dass sie den Kater jetzt mitnehmen würden.
Tierheim-Mitarbeiterinnen verfolgen Kater durch die Wohnung
Weder die Besitzerin noch das Tier waren damit einverstanden. Während die Frau noch protestierte, trat der Kater die Flucht in die Wohnräume an. Kein Problem für die zu allem entschlossenen Tierheim-Mitarbeiterinnen. Eine der beiden nahm die Verfolgung durch die Wohnung auf und scheute sich dabei auch nicht, Möbel zu verrücken. Schließlich wurde der Kater mithilfe eines Fangnetzes gefangen und ohne auf den Widerspruch der Halterin zu achten, in einer Transportbox in das Fahrzeug verfrachtet. Dabei hätten die Mitarbeiter angekündigt: „Den kriegen Sie nicht wieder“. Der Katzenentzug regte die Besitzerin dermaßen auf, dass sie einen Nervenzusammenbruch erlitt.
AG Hanau: Katzenbesitzerin hat Anspruch auf Herausgabe des Tieres
Die Besitzerin ließ dem Tierheim eine vorgerichtliche Aufforderung zustellen, den Kater wieder herauszugeben. Nachdem diese ignoriert worden war, klagte die um ihre Katze geprellte Frau auf Herausgabe. Diese veranlasste das Amtsgericht (AG) Hanau gemäß § 861 BGB noch während des Verfahrens. Die Richter stellten klar, dass Tierheime ein Tier nicht eigenmächtig zurückholen dürfen.
Die Klägerin war durch Übernahme des Katers und Abschluss des „Tierüberlassungsvertrages“ zu dessen Besitzerin geworden (§ 854 BGB). Ansprüche gegen die Frau wegen nicht ordnungsgemäßer Haltung hätte das Tierheim gerichtlich geltend machen müssen, anstatt sie selbst zu vollstrecken. Dabei sei irrelevant, ob die Regelungen im abgeschlossenen „Tierüberlassungsvertrag“ wirksam waren und ggf. von der Halterin ignoriert wurden.
Die Wegnahme des Katers stelle eine verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) dar. Daher habe das Tierheim nicht nur das Tier zurückzugeben, sondern auch die Kosten des Verfahrens zu tragen (Beschluss vom 04.01.2024, Az.: 98 C 98/23) Das Urteil ist rechtskräftig.