Arbeiten im Homeoffice
Die letzten Jahre gaben bei vielen Arbeitgebern den Ausschlag, Homeoffice-Arbeitsplätze einzurichten. Eine große Umstellung für die Beteiligten. Dennoch überwogen die Vorteile gegenüber der Skepsis auf Arbeitgeberseite. Die Arbeitnehmer profitieren von einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Unternehmen von einer stärkeren Mitarbeiterbindung. Inzwischen ist das Homeoffice etabliert und fester Bestandteil unserer Arbeitswelt. Trotzdem bleiben Arbeitgeber oft misstrauisch, denn im Gegensatz zur Präsenzpflicht besteht im Homeoffice nur eine eingeschränkte Kontrollmöglichkeit.
Es gilt: Arbeitnehmer müssen auch an einem Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden die vereinbarte Arbeitsleistung in Bezug auf Qualität und Quantität erbringen. Sollten die Leistungen im Homeoffice nicht den Erwartungen des Arbeitgebers entsprechen, kann er die Erlaubnis zurückziehen, außerhalb des Betriebs zuarbeiten. Es gibt bisher keinen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice-Arbeitsplätze.
Das Unternehmen kann die Präsenzpflicht auch anweisen, wenn es das Homeoffice jahrelang geduldet hat. Voraussetzung ist, dass keine anderweitige Vereinbarung besteht. Wurde der ausgelagerte Arbeitsplatz mündlich oder schriftlich zugesagt, ist zur Änderung in der Regel die Zustimmung des Mitarbeiters erforderlich. Die Alternative einer Änderungskündigung zur Verlegung des Arbeitsplatzes ist nur zulässig, wenn die Rückkehr in die betrieblichen Räume zwingend notwendig ist.
Nachweis ungenügender Arbeitsleistung im Homeoffice
Nicht immer reicht einem Unternehmen die Rückkehr zur Präsenzpflicht aus. Im konkreten Fall forderte der Arbeitgeber einer leitenden Pflegefachkraft einen Teil ihres Einkommens zurück. Der Mitarbeiterin in einer Tagespflegeeinrichtung war es erlaubt worden, ihre Aufgaben teilweise im Homeoffice zu erledigen. Dazu zählte die Überarbeitung eines Qualitätshandbuchs und weiterer Unterlagen für das Pflegemanagement. Mit dem Ergebnis und dem dokumentierten Aufwand war der Arbeitgeber unzufrieden. Er kündigte der Mitarbeiterin ordentlich zu Ende Mai 2022.
Von 12.2021 bis 03.2022 hatte die Pflegefachkraft manuell 300 Arbeitsstunden als geleisteten Aufwand in eine Liste eingetragen. Nach der Auffassung des Unternehmens war dieses Arbeitspensum nicht mit dem Arbeitsergebnis vereinbar. Bemängelt wurden u. a. zu wenige Änderungen an den Qualitätshandbüchern und weitere fehlende Ausarbeitungen.
Die Mitarbeiterin legte zum Beweis ihrer Tätigkeit E-Mails mit bearbeiteten Anhängen vor. Diese Teilergebnisse ihrer Arbeit zeigten, dass sie sich entgegen den Vorwürfen ihres Arbeitgebers mit der Aufgabe befasst hatte. Diesem reichten die Nachweise jedoch nicht aus. Er beurteilte die Arbeitsleistung weiterhin als unzureichend und verlangte das dafür gezahlte Entgelt zurück. Zitat Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern: Az.: 5 Sa 15/23: „Die Klägerin habe im Home-Office bewusst und gewollt keinerlei Arbeitsleistung erbracht. Sie habe wahrheitswidrig vorgetäuscht, das Qualitätshandbuch fertiggestellt zu haben.“
Persönliche Leistungsfähigkeit ist ausschlaggebend
Die Pflegefachkraft klagte zunächst vor dem Arbeitsgericht in Stralsund. Da das Unternehmen nicht hinreichend belegen konnte, dass sie an einigen Arbeitstagen zu wenig oder gar nicht gearbeitet hatte, lehnten die Richter die Klage ab. Dieser Entscheidung schloss sich auch das LAG in Mecklenburg-Vorpommern an.
Die Richter stellten fest, dass es unerheblich sei, ob die Arbeit in der gewünschten Zeit oder im gewünschten Umfang erledigt worden sei. Wenn eine Arbeitnehmerin ihre persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpfe, sei dies ausreichend und berechtige zum Erhalt der Vergütung nach § 611a BGB. Der Arbeitgeber müsse beweisen, dass und in welchem Umfang die vereinbarte Arbeitsleistung nicht erbracht worden sei.
Das Unternehmen blieb ausreichende Beweise schuldig. Vor diesem Hintergrund entschied das LAG, dass kein Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung besteht (Az.: 5 Sa 15/23).
Arbeitsrechtliche Konsequenzen im Homeoffice
Im aktuellen Fall konnte der Arbeitgeber seinen Vorwurf nicht belegen, die Pflegefachkraft habe ihre abgerechnete Arbeitszeit anderweitig genutzt. Das bedeutet jedoch nicht, dass mangelhafte Ergebnisse im Homeoffice ohne Konsequenzen bleiben. Grundsätzlich gilt auch hier, dass ein Arbeitnehmer die geschuldete Leistung erbringen muss. Andernfalls kann der Anspruch auf Vergütung ganz oder teilweise entfallen.
Zusätzlich hat der Arbeitgeber das Recht, eine Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung zu erteilen. Das ist beispielsweise dann möglich, wenn im Homeoffice nicht auf E-Mails oder Anrufe reagiert wird. Alternativ kann das Unternehmen die Präsenzpflicht des Mitarbeiters anordnen, sofern keine betrieblichen oder tariflichen Regelungen dagegensprechen.
Darlegungs- und Beweislast
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat allerdings deutlich gemacht, dass der Arbeitgeber seine Beanstandungen darlegen und beweisen muss. Das Unternehmen hat zweifelsfrei nachzuweisen, dass ein Mitarbeiter die Arbeitszeiten im Homeoffice missbräuchlich genutzt hat. Eine bloße Vermutung oder die Unzufriedenheit mit dem Arbeitsergebnis rechtfertigen keine Kürzung des Vergütungsanspruchs. Die kritisierte Schlechtleistung könnte ggf. auch aus einem mangelhaften Briefing des Arbeitgebers resultieren.
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