Haben Sie Anspruch auf Arbeitszeitverkürzung?
Den Wunsch nach einer verringerten Arbeitszeit akzeptierten Arbeitgeber in den letzten Jahrzehnten nur bei Frauen, die Kinder zu erziehen hatten. Anderen Beschäftigten blieb diese Flexibilität größtenteils verwehrt. Mittlerweile haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch gemäß dem Teilzeit- und Befristungsgesetz auf Arbeitszeitverkürzung. Voraussetzung ist, dass sie länger als 6 Monate im Unternehmen beschäftigt sind und der Arbeitgeberregelmäßig mehr als 15 Mitarbeiter (ohne Auszubildende) beschäftigt (§ 8 TzBfG).
Wer bereits in Teilzeit arbeitet, die Arbeitszeit jedoch weiter reduzieren will, hat denselben Anspruch. Die gesetzliche Regelung geht nicht von einer Vollzeitbeschäftigung aus, sondern von der zuletzt vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Der Arbeitgeber kann den Wunsch nur ablehnen, wenn betriebliche Gründe dagegensprechen.
Abgelehnt werden darf der Antrag, wenn die Arbeitszeitverringerung …:
- … die Sicherheit im Unternehmen stört
- … unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht
- … die Organisation und den Ablauf wesentlich beeinträchtigt
Tipp: Seit 01.01.2019 können Sie Ihre Arbeitszeit übrigens auch nur für einen bestimmten Zeitraum reduzieren, beispielsweise bis ein Kind im schulpflichtigen Alter ist. Auch auf diese befristete Verkürzung der Arbeitszeit, die als Brückenteilzeit bezeichnet wird, besteht ein gesetzlicher Anspruch.
Wie beantragen Sie eine Arbeitszeitverringerung?
Wenn Sie die gesetzlichen Bedingungen erfüllen, sollten Sie Ihrem Arbeitgeber die Möglichkeit geben, Ihre Arbeitszeitverkürzung in Ruhe zu organisieren. Besprechen Sie Ihr Anliegen so früh wie möglich mit dem Vorgesetzten oder dem Personalbereich des Unternehmens. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Antragstellung beim Arbeitgeber spätestens drei Monate vor Ihrem Wunschtermin.
Ihr Antrag muss diese Angaben enthalten:
- Beginn der Teilzeit
- Umfang der Verkürzung (in Stunden oder Prozent)
- Ggf. Ende der Arbeitszeitverkürzung (falls diese zeitlich begrenzt sein soll)
Eine Begründung ist nicht erforderlich.
Der Antrag ist schriftlich zu stellen, genauer gesagt in Textform ohne Unterschrift. Das bedeutet, dass Sie ihn in Briefform, per E-Mail oder Fax, über das betriebliche Intranet oder sogar per SMS übermitteln können. Am besten stimmen Sie mit Ihrem Arbeitgeber vorher ab, ob es dazu ein Formular oder eine bestimmte Anlaufstelle in Ihrem Unternehmen gibt.
Ihr Arbeitgeber reagiert nicht auf den Antrag oder lehnt diesen ab
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, mit Ihnen über die geplante Arbeitszeitverringerung zu sprechen und eine Einigung herbeizuführen. Er kann dabei versuchen, einen Kompromiss zu erzielen. In jedem Fall muss Ihnen die Entscheidung spätestens einen Monat vor dem geplanten Wechseltermin in Textform mitgeteilt werden. Lehnt der Arbeitgeber Ihren Antrag nicht rechtzeitig ab, gilt dieser auch ohne Mitteilung an Sie als genehmigt. Sie müssen dann nichts weiter unternehmen.
Das gilt auch, falls die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit nicht schriftlich abgelehnt wurde. Diese darf der Arbeitgeber allerdings nachträglich ändern, wenn betriebliche Abläufe es erfordern und das Interesse des Unternehmens Ihre Mitarbeiterinteressen überwiegt. Darüber muss der Arbeitgeber Sie ebenfalls einen Monat vor Inkrafttreten in Textform informieren.
Erneute Antragstellung erst nach zwei Jahren möglich
Lehnt der Arbeitgeber ab, gilt es zu prüfen, ob die Ablehnungsgründe betrieblich veranlasst und vom Gesetzgeber vorgesehen sind. Wurde Ihr Vorhaben berechtigterweise abgelehnt, haben Sie frühestens nach zwei Jahren erneut die Möglichkeit zur Beantragung (§ 8 Abs.6 TzBfG). Dieselbe Frist gilt auch, wenn Ihr Antrag angenommen wurde, Sie jedoch eine weitergehende Arbeitszeitverkürzung planen. In diesem Fall können Sie nicht verlangen, dass der Arbeitgeber den Erstantrag abändert.
Sie haben auch keinen Anspruch darauf, zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren, wenn Ihre Lebensumstände es erfordern. Mit der genehmigten Arbeitszeitverringerung ist eine Änderung des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Arbeitsstunden und des Einkommens verbunden. Sofern Sie die Neuregelung rückgängig machen wollen, geht dies nur mit Zustimmung des Arbeitgebers.
Gut informieren sollten Sie sich, wenn das Unternehmen wirtschaftliche Probleme hat oder eine Betriebsübernahme bzw. Fusion im Raum steht. Im Rahmen eines Sozialplans wird in der Regel vom aktuellen Lohn bzw. Gehalt ausgegangen. Wie das BAG bereits 2009 entschieden hat, wird eine Abfindung dann auf Basis des verringerten Einkommens berechnet, auch wenn Sie vorher jahrelang in Vollzeit gearbeitet hatten (BAG, 22.09.2009, 1 AZR 316/08).
BAG: Zu geringe Arbeitszeitänderung kann Rechtsmissbrauch darstellen
Wenn ein Arbeitnehmer nur eine minimale Arbeitszeitverringerung beantragt, kann Rechtsmissbrauch vorliegen. Zum Beispiel, wenn weniger die Arbeitszeit im Vordergrund steht als der Wunsch, an bestimmten Arbeitstagen (z. B. an Brückentagen) freigestellt zu sein. In einem entsprechenden Fall hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass kein Rechtsanspruch auf Verkürzung der Arbeitszeit bestünde (BAG, 11.06.2013, 9 AZR 786/11).