Folgen Sie uns auch auf Social Media:

LAG München: Forderung nach Glattrasur ist Geschlechterdiskriminierung

Arbeitsrecht
16/5/24
3
Min. Lesezeit
Bartträger
Wird ein Bewerber nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) diskriminiert, wenn er aus hygienischen Gründen den Bart abnehmen soll? Diese Frage beschäftigte die Arbeitsgerichte in München, da der Arbeitgeber die Stelle als Reinigungskraft nur unter der Bedingung einer Glattrasur anbot.

Bartträger interessiert sich für den Job bei einer Reinigungsfirma

Ein 36-jähriger Mann bewarb sich auf das Jobinserat einer Reinigungsfirma. Diese war auf die hygienische Reinigung von Reinräumen in Unternehmen für Tiergesundheit spezialisiert und suchte eine Reinigungskraft. Die Arbeitszeit sollte 40 Stunden pro Woche betragen und in Nachtschicht erfolgen. Weitere Bedingungen wurden in der Annonce nicht genannt.

Seine Bewerbung bewog die Personalerin, ihn zu einem persönlichen Gespräch einzuladen. In diesem Termin wurde ihm eröffnet, dass er seinen Bart abrasieren müsse, um die Stelle zu erhalten. Der Bewerber bot an, eine Bartschutzmaske zu tragen, da er den Bart nicht abnehmen wollte. Die Mitarbeiterin blieb jedoch bei der Aussage, dass man nur glattrasiert im Reinraum arbeiten dürfe. Die Reinigungsfirma habe bereits negative Erfahrungen mit Bartträgern gemacht, da die Kontaminierungsgefahr deutlich größer als bei glatter Haut sei.

Klage auf Schadensersatz wegen Geschlechterdiskriminierung

Der Bartträger wollte diese Bedingung nicht akzeptieren und wandte sich an den Vorgesetzten der Gesprächspartnerin, der die Rasurpflicht telefonisch bestätigte. Der Bewerber kontaktiere daraufhin das Tiergesundheitsunternehmen, bei dem er als Reinigungskraft eingesetzt würde. Er fragte nach, ob dort tatsächlich keine Bartträger zugelassen seien. Eine Mitarbeiterin gab ihm die Auskunft, dass auch im Reinraum viele Bartträger arbeiten würden, allerdings nur mit einer ständig aufgesetzten Bartschutzmaske. Daraufhin entschied er sich doch zur Rasur und teilte dies der Gesprächspartnerin aus dem Bewerbungsgespräch mit. Diese entgegnete, dass die beiden offenen Stellen inzwischen besetzt seien.

Der abgewiesene Bewerber reichte Klage auf Entschädigung wegen mittelbarer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts ein (§ 15 Abs. 4 AGG i. V. m. § 61 b ArbGG). Er forderte wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte Schadensersatz in Höhe von 25.000 EUR netto (= 12 Monatsgehälter). Schließlich sei die Stelle für ihn perfekt gewesen und er war fähig, diese Aufgabe zu bewältigen.

Was ist das AGG?

Das 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wird auch als Antidiskriminierungsgesetz bezeichnet. Es soll u. a. Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder des Alters verhindern oder beseitigen. Darunter kann auch die Benachteiligung eines Mannes aufgrund des Bartwuchses fallen.

Reinigungsfirma erkennt kein Verschulden

Nach Auffassung der Beklagten sei der Bewerber nicht im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) benachteiligt worden. Es gäbe in den zu reinigenden Räumen hochsensible Laborproben, die mit Viren, Bakterien, Nahrungsmittelresten im Bart oder dort zurückgebliebenen Hautschuppen schnell kontaminiert würden. Daher stelle das Unternehmen aus hygienischen Gründen nur Reinigungskräfte ohne Bart ein. Im Übrigen schließe eine Bartmaske die Kontaminierung nicht aus und sei daher keine zufriedenstellende Lösung.

ArbG München verurteilt Beklagte zur Zahlung von 7.500 EUR

Die Richter entschieden, dass die Nichteinstellung wegen des Barts eine mittelbare Benachteiligung aufgrund des Geschlechts darstelle, da Bärte überwiegend von Männern getragen würden (§§ 1, 2 AGG). Es wäre nur dann keine Benachteiligung, wenn die Rasurpflicht durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich wäre.

Da jedoch andere Reinigungskräfte ebenfalls Bartträger seien und zudem auch durch das Kopfhaar eine Kontaminationsgefahr bestünde, sei eine Glattrasur nicht erforderlich gewesen. Allerdings stelle die Bedingung der Beklagten keinen krassen oder eklatanten Verstoß gegen das AGG dar.

Das Arbeitsgericht entschied zugunsten des Klägers und verurteilte die Reinigungsfirma zur Zahlung von drei Bruttomonatsgehältern, d. h. zu 7.500 EUR zuzüglich Zinsen (ArbG München, 04.05.2022 Az. 42 Ca 8563/21).

LAG München bestätigt das Urteil

Die Beklagte ging in Berufung. Das angerufene Landesarbeitsgericht München bestätigte jedoch die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Berufung wurde kostenpflichtig zurückgewiesen (LAG München, 31.08.2023,Az. 8 Sa 268/22) und eine Revision nicht zugelassen.

Werbeskandal: Nutzer von Facebook und Instagram betroffen
Prüfen Sie jetzt, ob auch Ihre Konten betroffen sind und nutzen Sie ein kostenfreies Erstgespräch
Jetzt kostenlos prüfen
Werbeskandal: Nutzer von Facebook und Instagram betroffen
Prüfen Sie jetzt, ob auch Ihre Konten betroffen sind und nutzen Sie ein kostenfreies Erstgespräch
Jetzt kostenlos prüfen
In diesem Artikel

Ähnliche Artikel

Das könnte Sie auch interessieren

Stimmen unserer Mandanten

Echte Erfahrungsberichte unserer Mandanten

Vertrauen aufgebaut, Probleme gelöst - Unsere Mandanten teilen ihre Erfahrungen mit uns.

Die Kanzlei ist Spitze. Prompte Beratung: professionell und vollkommen erklärend; der Vorgang zur Beitragsreduzierung bei der AXA lief zügig und glatt ab. Preis Leistungsverhältnis der Kanzlei ist super. Ich kann diese Kanzlei absolut empfehlen.
Wolfgang Spoelgen
Google-Bewertung
Bisher kann ich nur postiv von der Kanzlei sprechen. Sind sehr freundlich und hilfsbereit
Karoline Offelmann
Google-Bewertung
Professionell mein Anliegen behandelt und zum Erfolg geführt. Stets freundlich und kompetent. Abwicklung per Telefon und/oder Email war problemlos. Ich würde diese Kanzlei wieder wählen. Besten Dank!
Karsten Alex Krause
Google-Bewertung
Sehr zufrieden. Vollste Transparenz bezüglich der Kosten. Anliegen werden rasch bearbeitet.
Michael Hof
Google-Bewertung
Mit der Beratung zum Tarifwechsel in meiner PKV sehr zufrieden. Beratung und Wechsel haben sich finanziell gelohnt. Alles zügig und wie vorher zugesagt und abgesprochen durchgeführt. Beratungsgebühr wird sich innerhalb 4 Monate amortisieren.
Rene Farmer
Google-Bewertung
Sehr nettes Gespräch und sehr informativ. Vielen lieben Dank für die schnelle Auskunft! Immer wieder gerne sehr kompetent....
Yvonne Pfaffe
Google-Bewertung
Trotz meiner Angst vor diesem Telefonat wurde ich sehr gut beraten und beruhigt. Fühlte mich wohl und gut aufgehoben. Bin dankbar jetzt Hilfe zu bekommen ohne Angst vor diesem Schritt haben zu müssen in eine Insolvenz zu gehen. Danke dafür.
Diana Lehmann
Google-Bewertung
Absolut fair und super Service! Man wird super beraten, um die richtige Entscheidung zu treffen. Vielen Dank für euren Support.
Abu Yaser
Google-Bewertung
Bekannt aus
Logo SternTVLogo BILD
Der Ablauf

So können Sie Ihre Anfrage schnell & einfach stellen

Ihr Weg zur Zusammenarbeit mit unserer Kanzlei.

1

Thema wählen & Formular ausfüllen

Sie füllen ganz einfach das mehrstufige Formular aus und lassen uns die Daten zukommen.
Thema oder Abteilung auswählen
2

Kostenloser Erstkontakt

Buchen Sie einen Termin und wir klären alle Fragen zum weiteren Vorgehen. Eine Rechtsberatung findet nicht statt.
3

Beauftragung

Sind alle Fragen geklärt, beauftragen Sie uns ganz einfach online – und schon geht’s los!

Jetzt kostenlos Kontakt aufnehmen!