Der „frühe Vogel“ trübt den Badespaß
Sommer, Sonne, Strand, Meer und die Zutaten für einen schönen Urlaub sind (fast) perfekt. Wäre nicht das tägliche Problem, dass die besten Plätze am Pool schon weit vor dem Frühstück per Handtuch belegt sind. Trotz anderslautender Verhaltensregeln oder dem konsequenten Einsammeln der Handtücher auf ungenutzten Liegen hält sich diese Unsitte in vielen Hotels. Die Poolliegen werden ab Sonnenaufgang oder sogar schon nachts für alle gut sichtbar belegt. Ein großes Ärgernis für die Urlauber, das den unbeschwerten Badegenuss erheblich erschwert.
Das erlebten auch der Kläger und seine Familie während einer Pauschalreise auf die Insel Rhodos. Zum Preis von 5.260 EUR bot die Hotelanlage sechs Swimmingpools mit ca. 500 Poolliegen. Um das beliebte Liegen-Reservieren mit Handtüchern zu vermeiden, war es untersagt, die Liegen ungenutzt für mehr als 30 Minuten zu „reservieren“. Diese Regelung schien den Hotelgästen unbekannt zu sein oder zu missfallen, da viele der Poolliegen trotzdem länger belegt wurden.
Der Kläger und seine Familie hielten sich an die Hotelregeln mit dem Ergebnis, dass ihnen wiederholt keine Liegen zur Verfügung standen. Sie sprachen das Problem mehrfach gegenüber dem Personal des Hotels an. Aber weder die Angestellten noch die Leitung unternahmen etwas dagegen. Aus Sicht des Klägers handelte es sich daher um einen Reisemangel. Er forderte von der Beklagten einen Teil des Reisepreises in Höhe von 798,00 EUR zurück.
„Friedliches Wettrennen“ um Poolliegen
Die Reiseveranstalterin konnte die Einschätzung, es bestehe ein Reisemangel, nicht nachvollziehen. Es sei lediglich ein friedliches Wettrennen um die begehrten Plätze am Pool gewesen, das letztlich der „frühe Vogel“ für sich entschied. Offenbar habe sich nur der Kläger und seine Familie an die Poolregeln gehalten. Dabei hätten auch sie nicht mit Sanktionen rechnen müssen, wenn sie frühmorgens oder sogar schon am Vorabend „ihre Liegen“ mit Handtüchern belegt hätten.
AG Hannover gesteht teilweise Reisepreisminderung zu
Die Richter folgten nur zum Teil der Einschätzung des Klägers. Der Reiseveranstalter sei nicht verpflichtet, jedem Hotelgast eine Poolliege zur Verfügung zu stellen. Die Anzahl der Liegen müsse jedoch in einem angemessenen Verhältnis zur Anzahl der Hotelgäste stehen. Wenn zwar genug Liegen vorhanden seien, diese jedoch übermäßig lang ungenutzt „reserviert“ blieben, seien sie effektiv nicht nutzbar.
Ein Reiseveranstalter müsse unter diesen Umständen korrigierend einschreiten. Es sei nicht die Aufgabe der Reisenden, ein Wettrennen um die begehrten Liegen zu veranstalten. Es sei auch nicht zumutbar, dass Urlaubsgäste die Handtücher anderer Gäste entfernen, um eine Liege nutzen zu können. Dadurch würden Streitigkeiten unter den Hotelgästen provoziert. Wie Überprüfungen zeigten, sei es der Familie des Klägers tatsächlich nicht möglich gewesen, nach ihrem Frühstück gegen 09.00 Uhr freie Poolliegen zu finden. Diese waren entweder besetzt, „reserviert“ oder defekt.
Da die Reiseveranstalterin nicht eingegriffen hatte, ging das Gericht von einer Reisepreisminderung nach § 651m BGB aus. Eine Pauschalreise sei auch dann mangelhaft, wenn in einer Hotelanlage nur wenige Poolliegen angeboten würden oder das Kontingent an Liegen durch darauf verteilte Handtücher dauerhaft ausgeschöpft sei. Anerkannt wurde eine Minderung von 15 % des Tagesreisepreises für jeden Tag ab der ersten Rüge des Klägers.
Das Amtsgericht Hannover sprach dem Kläger daher eine Entschädigung von 322,77 EUR zu (20.12.2023 Az. 553 C 5141/23).