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LG Paderborn: Wohnmobilkäuferin hat Anspruch auf Schadensersatz wegen der nach BGH unzulässigen Thermofenster

Abgasskandal
22/2/24
3
Min. Lesezeit
Wohnmobil
Eine Fahrzeughalterin forderte vom italienischen Hersteller ihres Wohnmobils Entschädigung wegen verbauter „Thermofenster“. Das Landgericht (LG) Paderborn gab der Klägerin recht, da die eingebaute Abschalteinrichtung nach EU-Recht unzulässig ist. Der von uns vertretenen Klägerin wurde der Ersatz des Differenzschadens plus Zinsen zugesprochen. Besitzer eines entsprechenden Wohnmobils, die ihre Rechte geltend machen wollen, sollten die drohende Verjährung beachten und anwaltlichen Rat suchen.

Abgasskandal erreicht nun auch Wohnmobile

Der Diesel- oder Abgasskandal zieht bereits seit mehreren Jahren weite Kreise. Was mit Fahrzeugen des VW-Konzerns begann, betrifft mittlerweile eine ganze Reihe an Pkw-Marken und Modellen. Immer häufiger fordern Kunden auch Schadensersatzansprüche wegen manipulierter Zugmaschinen der Firma Stellantis Europe, die in einem Großteil der FIAT-Wohnmobile zum Einsatz kommen.

Wir haben die Klägerin vor dem Landgericht (LG) Paderborn vertreten (08.01.2024, Az. 2 O 173/23). Bei der Klage ging es um ein Wohnmobil, das mit einem Basisfahrzeug des Typs Fiat Ducato hergestellt wird. Die EG-Typgenehmigung wurde in Italien nach Maßgabe der Abgasnorm Euro 6 erteilt. Zur genehmigten technischen Ausstattung gehört ein sogenanntes „Thermofenster“. Dabei handelt es sich um eine temperaturabhängige Kontrollfunktion, die das Abgasverhalten des Fahrzeugs steuert.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte solche Abschalteinrichtungen nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) als unzulässig eingestuft. Deren Betrieb ist nur in Ausnahmefällen erlaubt, z. B. um unmittelbare Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall zu vermeiden. Aufgrund der bestehenden Typgenehmigung wurden die Wohnmobile jedoch weiter vertrieben, obwohl sie mit Abschalteinrichtungen ausgestattet waren.

Klage gegen Firma Stellantis Europe aufgrund unzulässiger Abschalteinrichtungen

Unsere Mandantin hatte im April 2018 das Wohnmobil Fiat Ducato Sunlight A 68, 2,3 Liter Multijet II, 96 kW, Abgasnorm Euro 6 gekauft. Der Kaufpreis des neuen Fahrzeugs lag bei 52.300 EUR zuzüglich Finanzierungskosten in Höhe von 5.483,03 EUR.

Aufgrund mehrerer verbauter Abschalteinrichtungen in ihrem Wohnmobil fühlte sich die Besitzerin durch die Firma Stellantis Europe arglistig getäuscht. Sie forderte die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung gegen Übergabe und Übereignung des Wohnmobils. Zusätzlich klagte die Fahrzeughalterin auf Erstattung ihrer Finanzierungskosten.

Die Beklagte Stellantis Europe wies mit Verweis auf die Typgenehmigung den Vorwurf von sich, unzulässige Abschalteinrichtungeneingebaut zu haben.

LG Paderborn: Stellantis hat gegen Zulassungsvorschriften verstoßen

Das Landgericht Paderborn hatte im ersten Schritt die Zuständigkeit zu klären, da die Beklagte Stellantis Europe ihren Sitz in Italien hat. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus § 32 ZPO. Das LG Paderborn war demnach zuständig.

Die Richter bestätigten die Unzulässigkeit mehrerer Abschalteinrichtungen, die in dem Wohnmobil verbaut sind. Die Beklagte Stellantis Europe habe damit gegen die deutschen Zulassungsvorschriften verstoßen. Der Fahrzeughalterin stehe die Erstattung des daraus resultierenden Differenzschadens in Höhe von 10 % des Kaufpreises zu. Demnach habe die Klägerin Anspruch auf 5.150 EUR zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2023 (§§ 288 Abs. 1, 291 BGB).

Einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages habe die Klägerin jedoch nicht. Es läge keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vor. Zwar sei die Abschalteinrichtung nach EU-Recht unzulässig, das Vorgehen der Beklagten jedoch nicht sittenwidrig.

BGH: Fahrlässiges Handeln begründet Schadensersatzansprüche auch bei Wohnmobilen

Nach einem wegweisenden Urteil des EuGH haftet ein Automobilhersteller auch dann für verbaute „Thermofenster“, wenn ihm keine betrügerische Absicht nachgewiesen werden kann (EuGH, 21. März 2023 Az.C-100/22). Der BGH hat dieses Urteil im November 2023 in deutsches Recht überführt und entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Hersteller hierzulande haftet (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG FGV).

Die Richter des BGH stellten fest, dass Schadensersatzansprüche bereits durch fahrlässiges Handeln eines Herstellers entstünden. Der Käufer eines Fahrzeugs mit einer nach EU-Recht unzulässigen Abschalteinrichtung erleide aufgrund der Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder einer Fahrzeugstilllegung einen Schaden. Dazu käme ein enormer Wertverlust bei dem Fahrzeug.

Der BGH hat damit Rechtssicherheit geschaffen: Käufer von in den Jahren 2014 bis 2019 (Abgasnorm Euro 5 und Euro 6) hergestellten und mit einem Basisfahrzeug Fiat Ducato ausgestatteten Wohnmobile haben Anspruch auf Erstattung des Differenzschadens27. November 2023,Az. Via ZR 1425/22).

Beachten Sie die drohende Verjährung!

Betroffene Fahrzeughalter des Wohnmobil-Abgasskandals sollten bis Jahresende ihre Schadensersatzansprüche geltend machen, da andernfalls die Verjährung droht. Unsere Experten informieren Sie in einer Erstberatung kostenfrei und unverbindlich gerne über Ihre Ansprüche und die weiteren Schritte.

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