Gastwirt geht mit seinem letzten Willen pragmatisch um
Ein Gastwirt aus Ostfriesland hatte seinen letzten Willen unkonventionell und zeitsparend auf einen Kneipenblock geschrieben. Dieser wurde nach seinem Tod von seiner Partnerin hinter der Theke gefunden. Darauf hatte der Gastwirt das Datum und den Spitznamen seiner Partnerin angegeben: „BB bekommt alles“, wobei „BB“ im Urteil als Ersatz für den Spitznamen der Partnerin steht. Da es keine weiteren Erben gab, beantragte diese daraufhin beim Amtsgericht (AG) Westerstede die Erteilung eines Erbscheins zu ihren Gunsten.
Das Amtsgericht erkannte die Notiz auf dem Kneipenblock nicht als wirksames Testament an und ging von der gesetzlichen Erbfolge aus. Es fehle der Testierwille, der für ein Testament erforderlich sei. Es sei nicht zweifelsfrei feststellbar, dass der Gastwirt auf dem Kneipenblock seinen letzten Willen festhalten wollte.
Die Partnerin des Verstorbenen reichte Klage ein, da sie überzeugt war, von ihrem Lebensgefährten als Alleinerbin eingesetzt worden zu sein.
OLG Oldenburg: Ein Testament muss die Mindestvoraussetzungen gemäß BGB erfüllen
Die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg stimmten der Entscheidung des Amtsgerichts Westerstede nicht zu. Gemäß §§ 2231, 2247 BGB sind für ein Testament Mindestvoraussetzungen zu erfüllen, die mit dem letzten Willen auf dem Bestellblock erfüllt würden. Es war unterschrieben und handschriftlich verfasst worden. Die Partnerin sei mit ihrem speziellen Spitznamen klar identifiziert und damit Alleinerbin. Durch die Unterschrift mit Vor- und Zunamen inklusive Datumsangabe würden zusätzliche Voraussetzungen gemäß § 2247 Abs. 2,3 BGB erfüllt.
Es sei für den Gastwirt nicht ungewöhnlich gewesen, eine derart wichtige Erklärung in dieser Form abzugeben und hinter der Theke aufzubewahren. Die eigenwillige Art des Verfassens stehe einem ernsthaften Testierwillen nicht entgegen. Schließlich habe der Verstorbene auch Rechnungen und sonstige wichtige Dokumente hinter der Theke aufbewahrt. Ihm seien Formalitäten und Schriftwechsel nicht wichtig gewesen. Sich pragmatisch eines Zettels zu bedienen, der gerade greifbar war, habe seiner Persönlichkeit entsprochen.
Gericht prüft ernsthaften Testierwillen
Es stehe im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, zur Bewertung der Echtheit eines handschriftlichen Testaments, einen Schriftsachverständigen hinzuzuziehen oder den Schriftvergleich selbst durchzuführen. Bei der Bewertung des Testierwillens könnten auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände berücksichtigt werden (z. B. Auffindesituation oder Äußerungen des Erblassers unmittelbar vor Testamentserrichtung), die ggf. gesondert zu belegen seien.
Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied, dass die Notiz des Gastwirts ein wirksam errichtetes Testament darstelle (20.12.2023, Az. 3 W 96/23).
Unkonventionelle Testamente können wirksam sein
Auch wenn die weitreichende Bedeutung eines Testaments häufig nicht zu seiner Form passen will, spricht die Verwendung einer unkonventionellen Unterlage nicht zwingend für den fehlenden Testierwillen. Grundsätzlich muss der ernstliche Wille des Erblassers zum Ausdruck kommen, tatsächlich ein Testament errichten zu wollen. Der Testierwille wird beispielsweise bei Notizen in einem Tagebuch oft angezweifelt.
Sofern die Mindestvoraussetzungen (handschriftliches Verfassen und Unterschreiben) erfüllt sind, ist auch ein kreativ aufgesetzter letzter Wille wirksam. Das kann auf einem Kneipenblock, einem Bierdeckel oder auch gänzlich ohne Papier geschehen. Anerkannt wurden bereits Testamente auf Glas, auf der Zellenwand einer Strafanstalt, auf einer Schiefertafel oder Kohlepapier.
Eine Unterschrift ist die sichtbare Zustimmung mit dem Testament
Möglich ist auch ein Testament auf Holz. Ein Erblasser hatte gleich mehrere Testamente errichtet, in denen er unterschiedliche Personen zu Alleinerben einsetzte und wieder änderte. Das Besondere: In keinem Testament verwendete er Papier, sondern schrieb seinen letzten Willen direkt mit Filzstift auf einen Holztisch. Das letzte eigenhändig errichtete Testament wäre vom AG Köln anerkannt worden, wenn der Verfasser es unterschrieben hätte (Beschluss vom 25.05.2020 – 30 VI 92/20). Mangels Unterschrift war diese Willenserklärung jedoch unwirksam (§ 2247 Abs. 1 BGB).
Übrigens: Wird ein Testament auf Papier verfasst, muss nicht jedes Blatt unterzeichnet sein, wenn die Seiten in erkennbarem Zusammenhang zueinanderstehen, z. B. durch Nummerierung oder durch den fortlaufenden Text. Es reicht dann die Unterschrift auf der letzten Seite aus (OLG Köln,14.2.2014, Az. 2 Wx 299/13, NJW-RR 2014, 1035). Fehlt jedoch der eindeutige Zusammenhang, stellt nur die unterschriebene Seite ein wirksames Testament dar. Es empfiehlt sich daher, jede Seite einzeln mit Datum und Unterschrift abzuschließen.